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Carl Reichenbach

Hoch- und Tiefbau Carl Reichenbach

Beitrag aus dem Frankenhäuser Wochenblatt 2008

Als drittes Kind in der Familie des Revierförsters Johann Friedrich Reichenbach wurde Carl am 14.09.1852 in Weischütz an der Unstrut geboren. Sechs Jahre später zog die Familie in das nahe gelegene Balgstädt an das gegenüberliegende Ufer der Unstrut und übernahm dort den »Gasthof zur Rose«. Nach der Konfirmation ging Carl in die Lehre zu seinem Onkel Rudloff nach Halle, um das Zimmermannshandwerk zu erlernen. Der sehr wohlhabende Onkel, dessen zwei Töchter bereits mit 18 Jahren verstarben, hatte großes Interesse an der Ausbildung seines Neffen. Rudloff schenkte später sein Vermögen der Stadt Halle, u. a. auch die Grundstücke, auf welchen heute die Franckesche Stiftungen stehen.

Nach abgeschlossener Lehre ging der junge Carl Reichenbach auf Wanderschaft u. a. nach Köln, wo er bei Voigtel (Ernst Friedrich Zwirners Nachfolger) am Dombau beschäftigt war.

Seit 1870 übernahm er als Freiwilliger den Wachdienst gegenüber Gefangenen, wurde 1873 Rekrut des »Westfälischen Pionier-Bataillons Nr. 7« in Deutz und nach drei Jahren als Unteroffizier entlassen. Am 1.01.1877 begann er im Baugeschäft »Becker und Schulze« in Naumburg und war für die Steinmetzarbeiten beim Brückenbau und die Zulieferung aus den Steinbrüchen verantwortlich. Mit 26 Jahren übernahm er den Bau des Oberlandesgerichts in Jena und danach eines Unstrut-Hafens sowie der Kohlenbahn vom Schacht »St. Bartholomäus« bei Edersleben nach Artern.

Schließlich meldete Carl Reichenbach am 14.02.1881 sein Gewerbe als Maurer- und Zimmermeister in Frankenhausen an. Während der Bautätigkeit in Jena lernte er Amalie Minna geborene Heinicke kennen, die er auch im Oktober 1881 in Jena heiratete. Die erste Mietwohnung für das junge Ehepaar nahm er sich in Frankenhausen beim Bäckermeister Barschleben in der Ratstraße 97 (heute Ratstraße 10).

Schon 1887 kaufte er das Stammhaus in der Langestraße 150 (heute Poststraße 19) vom Böttchermeister Karl Friedrich Albert Zinke und stockte dasselbe auf. Der zum Haus gehörige Hof reichte bis zur Bornstraße und war so als Geschäftshaus gut geeignet. Aus dem Nachlass ist ersichtlich, dass das Haus 1851 vom Kämmerer Johann Heinrich David Börner an den Ökonom und Gastwirt Julius Anton Schaffrott verkauft wurde. Mit dem Kauf war auch aus früherer Zeit die Konzession zum Betreiben eines Gasthofes verbunden. Bis 1887 entstehen durch die Tätigkeit des Baugeschäftes C. Reichenbach das

  • Wohnhaus des Lehrers Werner,
  • Teilleistungen an der Zuckerfabrik Oldisleben, seit 1989 Technisches Denkmal,
  • Saalanbau am Thüringer Hof, Inhaber Hotelier Constantin Apel, Nappe, 1886,
  • Saalanbau am Bellevue, Wippermannstraße,
  • Villa Janicke
  • Villa des Rentners Friedrich Große, Wippermannstraße, 1887
  • Wohn- und Geschäftshaus des Kaufmanns Hermann Schumann, Bachweg 106 d, Anbau des Seitengebäudes 1902

Das Postgebäude wurde 1887 zum Bau genehmigt. Auf einer Gebäudegrundfläche von 13 x 21 m waren im Kellergeschoss, zwei Obergeschossen und einem halben Dachgeschoss das Post- und Telegrafenamt untergebracht. Die Remisen und Pferdeställe waren im Posthof in separaten Bauten. Eine neue Schalterhalle entstand nach dem Verkauf 1919 als Flachbau in nördlicher Richtung.

In den Folgejahren werden Grundstücke angekauft, um 1889 die Post in Frankenhausen zu errichten. Das Gebäude war Eigentum von Carl Reichenbach, der erst am 29.03.1917 dasselbe an die Kaiserliche Post verkaufte.

Im November 1890 erhielt das Baugeschäft Reichenbach vom Deutschen Kriegerbund den Auftrag zum Bau des Kyffhäuser-Denkmals. Der Entwurf und auch die Bauleitung übernahm der bekannte Architekt Bruno Schmitz. Bereits am 10.05.1892 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung des Turmes. In den Jahren 1892 - 1893 musste Reichenbach wegen eines Herzleidens stationär behandelt werden. Mit der Fortführung der Arbeiten wurde das Sangerhäuser Baugeschäft Thate vorübergehend beauftragt. Nach seiner Genesung übernahm Reichenbach erneut die Bauausführung. Für die Bauarbeiten in einer hohen Qualität sowie die Einhaltung des Zeitplanes waren maßgeblich Reichenbachs Poliere namens William Rothe, Aschenbach, Hildebrandt, Fritz Barthel, Theodor Barthel, Franz Krause und Franz Bracke mit beteiligt.

Der Arkosesandstein aus dem Steinbruch am Fuße des Kyffhäuser-Burgberges fand für die Außenhaut seine Verwendung. Die innen liegende Wendeltreppe wurde aus Holzmindener Wesersandstein (Buntsandstein) vorgefertigt und geliefert. Auch die Krone des Denkmals besteht aus gut zu bearbeitenden Wesersandstein. Die oberste, der Witterung ausgesetzte Plattform erhielt einen Belag aus Harzer Granit aus Wernigerode (Angaben aus dem Nachlass der Firma C. Reichenbach). Seit 2007 aus Werterhaltungsgründen mit einer Betonschicht überzogen und somit nicht mehr sichtbar. Für Nebengebäude und Anlagen kam auch der mit einer gleichmäßigen, körnigen Struktur versehene Karbon-Sandstein aus dem Steinbruch der Firma C. Reichenbach bei Steinthaleben zum Einsatz.

Am 18.06.1896 konnte das Denkmal im Beisein Kaiser Wilhelm IL, ein Enkel Wilhelm I., eingeweiht werden. Im Folgejahr waren noch umfangreiche Restleistungen zu erbringen. Für seine Verdienste erhielt Carl Reichenbach sowohl den Königlichen Kronen-Orden, als auch vom Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt das Ehrenkreuz von Schwarzburg sowie später den Roten Adlerorden.

Vom Kriegerbund wurde er als Betreuer der gesamten Denkmalanlage in Wertschätzung seiner Arbeit eingesetzt. Das so bekannte und große Bauunternehmen C. Reichenbach wurde von den vorhandenen Baubestand in der Langestraße (später Poststraße) geleitet. Erst 1899 baute der Firmenbesitzer auf eigenem Terrain einen massiven Lagerschuppen sowie Büroräume aus, die 1911 mit einer Heizungsanlage ausgestattet wurden. Einfache und bescheidene Verhältnisse waren gut genug für ihn.

Aus den Archivunterlagen geht hervor, dass sich Reichenbach mit dem maschinellen Tunnelvortrieb intensiv beschäftigt hat und auch als Spezialbauleistung angeboten hat.

Von den gesammelten Erfahrungen beim Bau des 160 m langen Eingangsstollen zur Barbarossahöhle (1898), des 1400 m langen Trinkwasserstollen im Bärental (1901) sowie auch im schlesischen Waidenburg (heute Walbrzych) ausgehend, strebte er nach einer Weiterentwicklung seines Unternehmens.

Nicht nur beim Bau des Gebäudes der »Frankonia Automobilwerke GmbH« war er federführend beteiligt, sondern war auch 2. Vorsitzender im Aufsichtsrat des Unternehmens.

Im Januar 1914 entschlief seine Ehefrau, die ihm stets zur Seite stand und ihm vier Mädchen und drei Jungen geboren hatte. Während die Söhne ihren Kriegsdienst ableisteten, verstarb am 5.07.1918 Carl Reichenbach nach langer, schwerer Krankheit in Frankenhausen.

Er war ein korrekter, geradliniger Baufachmann, dessen Entwürfe stets in der Kombination von rotem Sandstein, Holz und Klinkern verwirklicht wurden. Auflockernde, einfache Elemente am Bau geben der Fassade die persönliche Note und sind typisch für die Vielzahl der geschaffenen Gebäude. Offensichtlich wurde auch nur Baumaterial von hoher Qualität eingesetzt.

Es ist heute kaum noch nachvollziehbar, welche Entwürfe er selbst gezeichnet oder in Auftrag gegeben hat. Seine persönlich gefertigten Zeichnungen waren exakt und aussagekräftig für jene Zeit. Die hohe Zahl der vollendeten Bauten und ihr attraktives Äußeres sprechen für sich.

 

Das Baugeschäft führte der älteste Sohn Carl Heinrich (geb. am 22.08.1885) weiter. Dazu wurden 1912 und auch schon früher Voraussetzungen auf einem Grundstück zwischen Langestraße und dem Bahnhof geschaffen. Nach Beendigung des Krieges entstanden unter der Leitung von Carl Heinrich Reichenbach u.a. der Krankenhausanbau (1920) und die Neugestaltung der Raumaufteilung im Eingangsbauwerk von Schloss Hoheneck (1925). Ein Projekt für ein Bürogebäude am Bahnhof mit der weitergeführten Firmierung des Vaters aus dem Jahre 1925 wurde nicht verwirklicht.

Etwa 1928 siedelte Heinrich Reichenbach nach Hamburg um, was zur Auflösung der einst so bedeutsamen Baufirma Carl Reichenbach führte. Der am 9.10.1892 geborene zweite Sohn Johannes erhielt eine Ausbildung als Bildhauer in Berlin und übernahm nach dem Kriegsdienst das Vaterhaus in der Poststraße.

Das bis zum Zweiten Weltkrieg geleitete Steinmetzgeschäft in der Poststraße musste schließlich von seiner Frau weitergeführt werden, da er bereits mit 46 Jahren verstarb. Der Sohn Karl Heinrich Reichenbach hatte seine Ausbildung zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen. Nach dem Krieg stellte die Witwe den Steinmetzmeister Gerhard Bringezu aus Hauterode ein. Doch bereits 1951 kaufte Bringezu das Grundstück der Baufirma Robert Kirchner in der Bahnhofstraße, gründete eine eigene Firma und baute später darauf das heute noch vorhandene Wohnhaus. Dem Trend der Entwicklung folgend, wurde 1958 die »PGH Bildhauer und Steinmetz« mit den Betrieben in Bad Frankenhausen, Artern, Allstedt und Blankenheim gegründet. Die Umstände führten zur Schließung des Geschäftes in der Poststraße und die alleinige Nutzung des Hausgrundstückes für Wohnzwecke.

Abschließend möchte ich Herrn Karl Heinrich Reichenbach für seine Unterstützung beim Zusammentragen und für die Bereitstellung der angegebenen Fakten zur Familiengeschichte recht herzlich danken.

Eckhard Pförtner

Quellennachweis

Schriftgut und Angaben des Herrn Karl Heinrich Reichenbach

Postkarten, Foto Görtz

Stadtarchiv Bad Frankenhausen, Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes Frankenhausen, 1/VIII - 55, 1909

Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes Frankenhausen, Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/VIII - 40

Bauakten des Fürstlich Schwarzburgischen Landratsamtes Frankenhausen, Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/VIII - 38

 

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