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Einfluss von Handel & Gewerbe

In Übereinstimmung mit den Wünschen der Verwaltung des Kaliwerkes in Sondershausen forderten die Stadt Frankenhausen und die Gemeinden Rottleben und Göllingen von der Eisenbahn- bzw. nun »Reichsbahndirektion Erfurt« die Einlegung eines Frühzuges, damit die Bergleute und Verwaltungsmitarbeiter rechtzeitig ihre Arbeitsplätze im Kaliwerk erreichen konnten. Dieser Forderung wollte die Eisenbahndirektion jedoch nur entgegen kommen, wenn ihr jeweils im Voraus ein garantierter Betrag von 60 Reichsmark zugestellt würde.

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Nebengleis am Frankenhäuser Bahnhof (Blick nach Ost) um 1900
Foto: Regionalmuseum
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Schacht »Günthershall« bei Göllingen während Hochwasser
Foto: Hans-Jürgen Schmidt

Kommunen drohten mit Einsatz von Automobilen

Der Antwort der Reichsbahndirektion begegneten die Verwaltung des Kaliwerkes und die Kommunen mit der Ankündigung, zur Beförderung der Personen Automobile einzusetzen. Jetzt erst zeigte sich die Reichsbahndirektion „geneigt“, der Stadt Frankenhausen entgegenzukommen und einen Triebwagen einzusetzen. Beiderseitig wurde eine Erhebung durchgeführt, um festzustellen wie viele Personen diesen Frühzug benutzen würden. Dabei wurden nachstehende Zahlen ermittelt:

Gemeindezusteigende
Personen
Frankenhausen 30
Rottleben 50
Göllingen 65
Hachelbich 30
Berka 12
Gesamt 187

Nun verlangte die Verwaltung des Kaliwerkes von der Eisenbahndirektion, dass der anvisierte, zusätzliche Frühzug früher und der Nachmittagszug später fahren sollten, damit die Bergleute, die im Tiefschacht arbeiteten, länger dort verbleiben konnten. Zudem weigerte sich die Verwaltung, einen Zuschuss wie von der Reichsbahndirektion verlangt, für den Berufsverkehr zu zahlen.

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Sonderfahrt im Bahnhof Frankenhausen 1975
Fotos: Heinz Köhler
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Neben den großen Arbeitgebern der Region forderten auch kleinere Gewerbetreibende und selbst einzelne Mediziner eine Abänderung der Fahrpläne entsprechend ihren Wünschen. Zu ihnen gehörte der Arzt Dr. med. A. Mayer, der in einem Schreiben an den Stadtrat von Frankenhausen die Einlegung eines Zuges in der Zeit zwischen 7.45 Uhr und 9.45 Uhr, damit seine Patienten in den Gemeinden Rottleben und Göllingen seine Praxis besser erreichen könnten. Doch diesen ganz speziellen Wünschen konnte nicht entsprochen werden.

Der »Schutzverein für Handel und Gewerbe« schlug ebenfalls eine Änderung des Fahrplanes vor, indem zukünftig alle Eilzüge auf dem Bahnhof Bretleben einen Halt einlegen sollten. Ziel war es, Reisenden bessere Anschlussmöglichkeiten an das Streckennetz Bretleben – Sondershausen zu geben.

Auch die Anschlussmöglichkeiten in Sondershausen für Reisende in Richtung Nordhausen oder Erfurt standen wieder in der Kritik. Die Stadträte der Städte Sondershausen und Frankenhausen nahmen die Hinweise und Forderungen entgegen und leiteten sie teilweise an ihre zuständigen Landesbehörden weiter. Schreiben mit Fahrplanwunschvorstellungen erreichte auch die Handelskammer des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt in Rudolstadt. Diese äußerte sich daraufhin wie folgt:

Eine in aen Kreiſen – Knopfhandelsreiſenden, Studierende des Tenikums, ſowie Gelegenheitsreiſenden – eingezogene Umfrage zu den Früh-, Spät- und Natverbindungen ergab, da viele der Erwähnten ihre Geäsverbindungen na hier (gemeint ist Frankenhausen – H.K.) wegen ungünſtiger Zugverbindungen aufgeben. Ferner wird ein Sonntagsverkehr gewünt, damit Perſonen au ſonntags wieder zurüfahren könnten.

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Zug- und Bahnhofsbeschäftigte am Frankenhäuser Bahnhof ca. 1975
Fotos: »Foto-Bark«
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Mit der Neuaufteilung der Reichsbahn-Verwaltung in einzelne Direktionen mussten neue Ansprechpartner gesucht werden. Es wurde an die angeschriebenen Gemeindevorstände appelliert, ihre Interessen bei der Eisenbahndirektion Erfurt und des Bezirkseisenbahnrates zu vertreten und die Eingaben und Schreiben an den Reichsverkehrsminister zu senden.

Landrat Reinbrecht verlangte Anpassungen

Der Magistrat der Stadt Frankenhausen selbst stellte einen dringenden Antrag zwecks Belebung der regionalen Wirtschaft zur Einlegung weiterer Eilzugverbindungen auf den Strecken Erfurt – Magdeburg und Saalfeld – Erfurt – Nordhausen mit einem gewünschten Anschluss nach Hannover über Nordheim.

Weitere Wünsche nach mehr Flexibilität der Eisenbahndirektion Erfurt wurden vorgebracht, als sich nach dem Ende des Ersten Weltkrieges territoriale Veränderungen ergaben. Zum 1. Oktober 1922 wurde der Kreis bzw. die ehemalige Schwarzburg-Rudolstädtischen Unterherrschaft Frankenhausen mit dem Kreis bzw. der ehemaligen Schwarzburg-Sondershäusischen Unterherrschaft Sondershausen zum neuen Landkreis Sondershausen zusammengelegt.

Der überaus größte Teil der Ämter des ehemaligen Landratsamtes Frankenhausen wurden nach Sondershausen verlegt. Öffnungszeiten des Landratsamtes Sondershausen und der Fahrplan der Bahnlinie Bretleben – Sondershausen waren jedoch nicht auf einander abgestimmt. Demzufolge forderte der neue, gemeinsame Landrat August Reinbrecht - bis zum Zusammenschluss 1922 Landrat in Frankenhausen - von der Eisenbahndirektion Anpassungen.

So sollten sowohl die aus Frankenhausen und den umliegenden Dörfern stammenden Beschäftigten die Möglichkeit erhalten, pünktlich zu ihrer Arbeitsstelle zu gelangen und auch noch am selbigen Tag wieder zurück. Menschen die das Landratsamt aufsuchen wollten oder mussten, sollten keine unnötigen Wartezeiten auf den Bahnhöfen in Kauf nehmen müssen. Die Eisenbahndirektion Erfurt weigerte sich zunächst, darauf einzugehen.

3 Uhr zum Landratsamt

Die Verwaltungsreform betraf nicht nur Nordthüringen, sondern wurde in ganz Thüringen vollzogen und überforderte die logistischen Möglichkeiten der Bahndirektion. Diese suchte nicht nur den Sondershäuser Landrat dazu zu bringen, die Ämter im Territorium anders zu verteilen. Finanzielle Gründe zwangen jedoch dazu, eine Konzentration der Ämter anzustreben.

Bedingt auch dadurch, dass der Ausgang des Krieges und die sich anschließende Revolution zusätzliche Einrichtungen wie die Mehl- oder die Kohlenverteilungsstelle, das Kreiswohlfahrtsamt und die Fürsorgestelle für Kriegsbeschädigte hervorgebracht hatte, deren Unterhaltung und Offenhaltung absolut notwendig waren. Der Kommunalverband drängte die Bahndirektion insbesondere den Zug um 8.30 Uhr im Fahrplan zu belassen, da sonst Besucher des Landratsamtes ab 03.00 Uhr Frankenhausen fahren müssten. Eine Unzumutbarkeit, wie auch der Stadtrat Frankenhausen feststellte.

Frankenhausens Stadtrat sorgte dann erst einmal selbst dafür, die schlechten Straßenverhältnisse ab Ausgang Bahnhof entlang der Bahnhofstraße zu verbessern und ließ den Damm zusätzlich mit Bäumen bepflanzen. Zum kritisierten Zustand der Straße beigetragen hatten vor allem die Fuhrwerke der Domäne, die in steigendem Maße ihre Produkte per Bahn versandte. Als Staatsunternehmen wollte es jedoch nicht zur Instandhaltung der Bahnhofstraße beitragen. In dieser Hinsicht hatte sich auch nach der Novemberrevolution und der neuen »Weimarer Republik« die Ansicht aus Fürstenzeiten geändert.

Arbeiter täglich 15 Std. auf Achse

Die Bemühungen des Kaliwerkes in Sondershausen zu expandieren, sollten eigentlich auch dem Abbau der hohen Arbeitslosigkeit Anfang der 20er Jahre entgegen kommen. Doch wollte die Eisenbahndirektion nur unter finanzieller Vorleistung des Unternehmens darauf eingehen, einen optimaleren Fahrplan zu gestalten. Die Bahn verlangte im Voraus für jeden geplanten neuen Zug täglich eine garantierte Einnahme von 60 Mark. Das Kaliwerk »Glückauf« kündigte nun an, Autos zum Hin- und Rücktransport der Arbeiter und Angestellten einzusetzen und nahm Verhandlungen diesbezüglich mit regionalen Verkehrsfirmen auf, die über Pritschenwagen und Busse verfügten. Bei Beibehaltung des bisherigen Fahrplanes würden die Mitarbeiter bis zu 15 Stunden täglich unterwegs sein, einschließlich der Arbeit im Kaliwerk.

Die Hinterlegung der als »Kaution« bezeichneten Sicherheit von 60 Mark lehnten sowohl Kaliwerk als auch die Städte Sondershausen und Frankenhausen ab. Die Kommunen wünschten unbedingt die Einlegung je eines Zugpaares um 5 Uhr und zwischen 18 und 19.30 Uhr. Zum Beweis ihrer Forderung unterbreiteten sie eine von ihnen selbst erhobene Statistik, wonach aus den anliegenden Orten an der Bahn täglich über 180 Personen ins Kaliwerk gelangen wollten.

Die Bahn verlangte nun für die Zahl von 190 Personen eine erhöhte Einnahmegarantie von 70 Mark. Das Kaliwerk mahnte im Gegenzug eine größere Bereitschaft des Entgegenkommens durch die Bahn an, da das Kaliwerk schließlich auch der größte Kunde der Bahn bei Frachttransporten war und zu hohen Einnahmen bei der Frachtgebühr beitrug. Die Antwort der Bahn war eine Ablehnung. Nun erklärte sich Landrat August Reinbrecht bereit, den Zuschuss teils auf den Kreis zu übernehmen. Vorgeschlagen wurden folgende Garantiesummen für die Bahn:

Anzahl
Fahrgäste/Arbeiter
Garantievorschuss an die Bahn
170 40 RM
Über 210 20 RM
Über 250 ohne Geldleistung

Damit sich die zu transportierende Personenzahl steigerte, spekulierte die Stadt Frankenhausen auf die erhöhte Vermittlung von arbeitslosen Arbeitskräften durch den »Kreisarbeitsnachweis«, dem Arbeitsamt. Die Bahn hingegen forderte nun die Einzahlung der Garantiesumme für 8 Werktage (Höhe 540 RM) im Voraus und zwar bei der erstmaligen Fahrkartenausgabe in Frankenhausen. Zwar verkehren zunächst die Züge, doch forderte die Bahn die noch nicht gezahlten Garantiesummen. Der Stadtrat Frankenhausen musste in geheimer Sitzung zur Kenntnis nehmen, dass die Bahn bei Nichtzahlung die Züge Nr. 659 und Nr. 660 ersatzlos streichen würde. Nach Bericht über die Finanzlage durch die Kämmerei sah sich der Stadtrat außerstande, die Forderungen der Bahn zu begleichen.

 

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