»Franzosenzeit« und Befreiungskriege – Frankenhäuser Schicksalsjahre
Nach der Niederlage der Preußen und ihrer Verbündeten gegen Kaiser Napoleon I. (1769-1821) in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt, im Oktober 1806, brachen auch für das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt härtere Zeiten an. Frankenhausen wurde vorübergehend von französischen Truppen besetzt und mußte auch nach deren Abzug hohe Kontributionen erbringen, die in der Festung Erfurt abzuliefern waren. Die Vielzahl der Kriege Napoleons verlangte nach Nachschub an Soldaten.
Ab 1808 wurden in der Unterherrschaft Frankenhausen junge Männer zwischen 17 und 30 Jahren durch Losentscheid ausgehoben und zum Militärdienst für den französischen Kaiser eingezogen. Viele von ihnen sollten ihre Heimat nicht wiedersehen. Innerhalb der Rheinbundtruppen dienten sie auf Kriegsschauplätzen in Spanien, Böhmen, Österreich und Russland und wurden von den um ihre Freiheit kämpfenden Völkern zum Teil aufgerieben. Innerhalb Frankenhausens führte dieses zur Stagnation des Bevölkerungswachstums und zum Arbeitskräftemangel in vielen Wirtschaftszweigen.
(1769-1821)
1813 erreichten erstmals Streifscharen von Kosaken Frankenhausen
(1763 - 1844)
Nach Napoleons verlorenem Winterfeldzug 1812/13 in Russland verbündeten sich Russen und Preußen und wendeten sich gegen den Kaiser der Franzosen. Während des Frühjahrsfeldzuges 1813 erreichten am 13. April erstmals Streifscharen von Kosaken Frankenhausen. Ihrem Einrücken hat später der Wirt im Gasthaus »Zur Krone«, dem heutigen »Thüringer Hof«, Heinrich Ferdinand Till(e), mit dem »Kosakenstein« ein Denkmal gesetzt.
Vom 16.-19. Oktober 1813 tobte die Völkerschlacht bei Leipzig und endete mit der Niederlage Napoleons. Im Gefolge der anschließenden Verfolgung der zurückweichenden napoleonischen Truppen rückten die im Verbande der Nordarmee kämpfenden Schweden, an ihrer Spitze Kronprinz Karl Johann Bernadotte (1763 - 1844), am 25./26. Oktober 1813 in Frankenhausen ein. Zur Nordarmee gehörten neben den schwedischen auch russische und preußische Einheiten. Eine Vielzahl der Soldaten war an Ruhr und Typhus erkrankt. Von Bürgermeister und Rat erwartete Kronprinz Karl Johann die Einrichtung eines Lazarettes.
Foto: Aufnahme Foto Bark, Sammlung Regionalmuseum Bad Frankenhausen
Energische Fürstin ließ Lazarett einrichten
Unbeeindruckt der militärischen Macht wies Bürgermeister Johann Gottlieb Hauthal (1764 - 1827) sein Ansinnen zurück und forderte ihn zum Weitermarsch nach Sondershausen auf. Erst ein energischer Befehl der Regentin, Fürstin Karoline Louise (1772 - 1854), brachte den Stadtrat dazu, im Schützenhaus ein Lazarett einzurichten. Mit dem Austritt aus dem Rheinbund, am 14. November 1813, hatte Karoline Louise das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt offiziell auf die Seite der gegen Napoleon verbündeten Länder gestellt.
Durch die Weigerung des Frankenhäuser Rates, ein Lazarett einzurichten, gefährdete dieser die Existenz und zukünftige Souveränität des Fürstentums. Um diesen Fall auszuschließen, stellte die Fürstin kurzerhand ihr Jagdschloss Rathsfeld im Kyffhäusergebirge dafür zur Verfügung. In patriotischer Gesinnung übernahm der Arzt, Dr. Wilhelm August Gottlieb Manniske, die Leitung beider Lazarette und stellte seine eigenen, wissenschaftlichen Ambitionen auf dem Gebiet der Soleheilkunde hintenan. Vom Königreich Preußen wurde ihm dafür der Titel »Königlich Preußischer Lazarett-Direktor« verliehen. Es war eine Auszeichnung, die er durchaus mit Stolz verwendete.
1769-1835
Für Konzertdarbietungen gab es in dieser Lage eigentlich keinen Platz. Jedoch veranstalteten Kantor Johann Georg Friedrich Bischoff und Stadtmusikus Löscher 1814 gemeinsam Benefizkonzerte, deren Einnahmen dem Lazarett zu Gute kamen. Bereits im Januar des gleichen Jahres hatte Kantor Bischoff »Ein Schwarzburger Kriegslied für das Jahr 1814« zur Veröffentlichung gebracht.
Ehrenhain im Botanischen Garten
Eine patriotische Gesinnung wie sie Dr. Manniske, Kantor Bischoff und Stadtmusikus Löscher an den Tag legten, war keineswegs eine Selbstverständlichkeit in Frankenhausen. Fast hundert Jahre später, 1907/08, schickten sich Bürgermeister und Stadtrat an, auf dem alten Gottesacker in der Zinkestraße, dem heutigen »Botanischen Garten«, einen Ehrenhain zum Gedenken an die Befreiungskriege einzurichten. Ein Blick in die historischen Akten des Stadtarchivs, das anläßlich des Umbaus des Rathauses 1905 erst durch Amtsgerichts- und Archivrat Gerd Freiherr von Ketelhodt neu geordnet worden war, ließ die Oberhäupter der Stadt Abstand nehmen. Überschwänglichen Patriotismus vermochten sie aus den Akten nicht herauszulesen. Manch alteingesessene, gut bürgerliche Familie hatte während der »Franzosenzeit« gut an diesen verdient.