Kinder und Jugendlie zwien politier Vereinnahmung und Erziehungsdefizit
Um Kinder und Jugendliche aus ärmeren Verhältnissen, deren Väter zum Militär eingezogen wurden, bemühte man sich frühzeitig. Sie erhielten kostenfreie Aufnahme im städtischen Kindergarten (heute KITA Sonnenschein, Schloßstraße) und die Kur- und Badedirektion gewährte der gesamten Familie unentgeltliche Solebäder. Die Stadtverwaltung schuf 12 Freistellen in der Kinderheilanstalt, allerdings vornämlich für Frankenhäuser Kinder. Für die ältere Schuljugend begann auf zumeist freiwilliger Basis ab Herbst 1914 eine militärische Jugendausbildung, die jedoch nur in den Dörfern auf größere Resonanz stieß. Mit der Dauer des Krieges vermeinte die Bevölkerung eine zunehmende Verwahrlosung der Jugend wahrzunehmen. Es fehlte der erzieherische Einfluss der Väter. Bereits 1916 erließ das Militärbezirkskommando strengere Verordnungen gegen die Zuchtlosigkeit der Jugend. Jugendkriminalität bis hin zum Mord an Gleichaltrigen waren nicht nur Begleiterscheinungen des Krieges. Auch in den Nachkriegsjahren vermochten die heimkehrenden Väter – wenn sie zurückkehrten – nur langsam Einfluss auf ihre Sprösslinge zu gewinnen. Nach dem Krieg bemühten sich die verschiedensten Parteien, die Jugend für sich zu gewinnen.

Foto: Sammlung Stadtarchiv Bad Frankenhausen

Foto: Sammlung Regionalmuseum Bad Frankenhausen
Viele parteiliche Feiern zum 1. Mai in den Gemeinden waren mit Kinderveranstaltungen als Werbemittel verbunden. Im Herbst 1918 raffte die in Europa grassierende Spanische Grippe unterernährte Kinder jeglichen Alters in der Unterherrschaft in größerer Zahl hinweg. Bis 1924 bemühten sich die Wohlfahrtsausschüsse von Kreis und Stadt um eine kostenfreie Kinderspeisung und Krankenfürsorge. Besondere Hilfe kam für bedürftige Familien von nach den USA ausgewanderten Schwarzburgern. Im September 1924 wurde in der Frankenhäuser Bürgerschule ein Gedenktag für das amerikanisch-deutsche Kinderhilfswerk begangen. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr die Hilfe des niederländischen Königspaares. Prinzgemahl Heinrich der Niederlande war ein Neffe des schwarzburgischen Fürstenpaares. Königin Wilhelmina und Prinz Heinrich hatten sich auf Schloss Schwarzburg kennengelernt und waren dem Land eng verbunden. Prinz Heinrichs Besuch 1924 in Thüringen fand mehr Aufmerksamkeit als das Schicksal des in die Niederlande geflüchteten Kaisers Wilhelm II.:
»Für die Swarzburg-Rudolſtädter Bevölkerung bedeute der Beſu des Prinzgemahls in Thüringen inſofern ein Ereignis, als ſeit dem Eintri des deuten Notſtandes bereits viele bedürftige und unterernährte Kinder des Ländens eine ſehr gaſtlie Aufnahme in den wohlhabenden hoändien Familien gefunden haben, die damit ihrem Königspaar einen beſonderen Dienſt erwieſen«