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Reformation (1)

»...wurde er für einen Zerſtörer riſtlier Einigkeit geolten«

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Transkript eines Vortrages von Dr. Ulrich Hahneman am 24. Oktober 2017 im Festsaal des Regionalmuseums.

Der heutige Titel bezieht sich einmal nicht auf Martin Luther, sondern auf einen Mann, der vor dem Bauernkrieg als Pfarrer als erstes in Ringleben nach dem Sinne Martin Luthers gepredigt hat, Cyriakus Taubental. Wir werden ihn hier kennenlernen.

Die Reformationsgeschichte in einem nicht ganz rasanten, aber doch kompakten Überblick für den Kyffhäuserkreis mit Vorliebe für das 16. Jh. D.h. ausgehend mit Martin Luther, mit dem Beginn der Reformation, die ja auf den 31. Oktober 1517 gesetzt wird, mit dem Thesenanschlag seiner 95 Thesen, wahrscheinlich an der Tür zur Schlosskirche zu Wittenberg.

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Schlosskirche zu Wittenberg
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Portal der Schlosskirche
Bild: © A.Savin, Wikimedia Commons

Damit haben wir also den Ausgangspunkt und den Beginn des Reformationsjubiläums und den Beginn unseres heutigen Vortrages. Reformation im Sinne für Martin Luther unter Duldung und Schutz seines Landesherrn, nicht Kirchenherrn.

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Friedrich der Weise, Büste, 1498,
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
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Auszug Lutherbibel

Kirchenherr ist Erzbischof Albrecht von Magdeburg und Mainz, Kardinal Albrecht. Sein Landesherr ist Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen. Er wird die Hand über ihn halten und damit setzt sich die Reformation in Gang. Friedrich der Weise selber steht ambivalent dazu. Er wird weder für noch wider in diese Richtung sein. Erst sein Bruder und Nachfolger, Johann der Beständige, und dessen Sohn und der Neffe Friedrich des Weisen, Johann Friedrich der Großmütige von Sachsen, sie werden das Ganze richtig aufpreisen und die Reformation auch in Gang bringen. Also Johann der Beständige wird derjenige sein, der hier in der Region die evangelisch lutherische Reformation vorantreibt.

Wo befinden wir uns?

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Herzogtum Sachsen
Ernestiner
Albertiner

Hier der Kartenüberblick: Kurfürstentum Sachsen erstreckt sich über Wittenberg, Torgau entlang bis ins Thüringische hinein, Vogtland und weiter bis ins fränkische Coburg

Für uns wichtig ist das Herzogtum Sachsen mit dem Zentrum Meißen, natürlich deren Anteil im Thüringischen Raum bis hin nach Frankenhausen, Sondershausen, die Schwarzburgischen Gebiete, außerdem Heldrungen, Artern, die Mansfeldischen Gebiete und das Amt Alstedt.

Der Sächsische Anteil, die Teilung 1485 in ein Kurfürstentum und ein Herzogtum Sachsen. Das wird für unsere Region auch entscheidend sein, denn wir dürfen eines nicht vergessen, weder die Grafen von Schwarzburg noch die Grafen von Mansfeld oder auch die Stolberger sind völlig ohne Oberherren, obere Lehensherren. In vielen Fällen, meistens sogar in doppelten Bezug, je nach Region, ist es entweder der Kurfürst oder der Herzog von Sachsen - bei uns in der Region auch der Erzbischof von Magdeburg.

Die Reformation im Kurfürstentum Sachsen wird am Anfang relativ schnell durch Kirchenvisitationen und entsprechende Unterweisungen schriftlicher Art in Gang gehalten. Hier ist etwas entscheidend, im Kurfürstentum Sachsen werden regional tagende kirchliche Geistliche usw. mehr oder weniger immer unter den Landesherren gestellt. Im Kurfürstentum Sachsen ist der Landesherr bestrebt, dass er auch als Kirchenherr fungiert. Das ist etwas, was wir bis zum Ende der Monarchie dann in allen Ländern in Deutschland haben. Der Kaiser für das Königreich Preußen und entsprechend Bayern, Württemberg bis runter nach Schwarzburg Gang und Gebe.

Die Kirchenvisitationen, dienen zum einen dazu, erst einmal festzustellen, was in den einzelnen Regionen überhaupt an Klöstern, Besitz usw. vorhanden ist, andererseits dienen sie gleichzeitig der Überprüfung der Geistlichen, deren Qualität bzw. Ausbildung, ob sie überhaupt fähig sind, in der Region zu wirken. Für das Kurfürstentum Sachsen ist gleichzeitig auch das Amt Allstedt – zu dem später dann Kalbrsieth, Heygendorf, Nikolausrieth Mönchpfiffel gehören - entscheidend, weil hier gleichzeitig Vorort eingegriffen wird.

Wir kommen gleich zu einem Zeitgenossen, der sowohl Nutznießer, als auch relativ früher Anhänger der evangelisch-lutherischen Sache ist, Albrecht VII. von Mansfeld. Er ist uns eher aus dem Bauernkrieg bekannt. Durch seinen Briefwechsel mit Thomas Müntzer. Außerdem berühmt als derjenige, der immer hingestellt wird, dass er den Zuzug von Aufständischen aus seinem Gebiet durch eine Kampfhandlung verhindert hätte. Aber man muss ihm auch eins zugestehen, er wird Zeit seines Lebens ein treuer Anhänger der lutherischen Lehre sein. Und er wird auch alles in Kauf nehmen, was negativ damit verbunden ist, einschließlich Verlust von Landrechten, Schlössern und Landbesitz überhaupt.

Aber zunächst ist er derjenige, der Vorort versorgt wird. Er hat sich auf der einen Seite im Bauernkrieg auf die lutherische Seite gestellt, und er hat auch danach den Kurfürsten von Sachsen treu gedient. Dafür belohnt er ihn mit Teilen des Amtes Allstedt und später auch mit den Klosterhof Mönchpfiffel, also mit fremden Besitz.

Aber zunächst ist er derjenige, der Vorort versorgt wird. Er hat sich auf der einen Seite im Bauernkrieg auf die lutherische Seite gestellt, und er hat auch danach den Kurfürsten von Sachsen treu gedient. Dafür belohnt er ihn mit Teilen des Amtes Allstedt und später auch mit den Klosterhof Mönchpfiffel, also mit fremden Besitz.

Der Klosterhof Mönchpfiffel gehört dem Kloster Walkenried im Harz. Im Bauernkrieg knüpfen sich die Bauern das Kloster vor. Und der Kurfürst von Sachsen wird es später entsetzen, also befreien und an sich ziehen. Er ist damit nicht Eigentümer, aber er enthält dem Abt von Walkenried das Kloster vor. Er bringt ihn dann dazu, ihm das Ganze zu verpachten und gibt das Kloster dann weiter an den Grafen Albrecht. Er belobigt somit Verdienste, die dieser seiner Familie gegenüber getragen hat.

Letztendlich führte es aber auch dazu, dass ein solcher Besitz eines Klosters nun in einen Besitz eines Landesherrn übergeht, in dem Fall zunächst des Grafen Albrecht von Mansfeld. Er wird 1540 dieses Kloster kaufen. Aber die Ernestiner, die Kurfürsten von Sachsen, behalten das Oberlehensrecht und später ist Mönchpfiffel dadurch ein Bestandteil ihres Amtes Allstedt und wird es auch bleiben bis zum Ende der Monarchie.

In diesen kirchlichen Wirren versucht man also Besitz an sich zu reißen und diesen gleichzeitig seiner Landesherrschaft unterzuordnen. Es geht nicht nur um religiöse Sachen. Das, was hier passiert, passiert nicht nur im Innern des Kurfürstentum Sachsen, sondern auch an seinen äußeren Grenzen. Der Kurfürst greift in Randgebiete über, in denen sich entsprechende Klöster befinden, die schwach besetzt sind, die keinen Widerstand leisten können. Das geht manchmal wie folgt vor sich. Er schickt einen Adligen vornweg, der das Kloster besetzt, alsdann kommt der Kurfürst und vertreibt diesen wiederum und lässt sich dafür dann auszahlen. Das hingegen kann sich das Kloster nicht leisten, darum behält er die Schutzherrschaft über das Kloster ein.

Diese Methode der Besitzaneignung wurde häufig angewandt. Mönchpfiffel ist hierbei als ein Beispiel zu sehen.

1523/24 finden wir erstmals einen Prediger im Schwarzburgischen, der im Sinne Martin Luthers spricht. Das wird in Ringleben sein. Diese Abbildung stammt aus der Dorflade von Ringleben aus dem Jahr 1777. Ringleben ist eigentlich das größte Dorf in der Schwarzburgischen Unterherrschaft Frankenhausen. Es ist mit einer Dorfwand befestigt, kein einfaches Dorf demnach, in dem man - wie heute - einfach hindurchfährt, sondern ein befestigtes Dorf.

Cyriakus Taubental wird aber nicht lange predigen können, denn in Sondershausen residiert ein dem katholischen Glauben treuer Graf von Schwarzburg, Heinrich XXXI.. Er zitiert Taubental zuerst nach Frankenhausen, später auch nach Sondershausen. Er wird verhört und vermahnt, und das Vermahnen bringt ihn dann dazu, sich in die freie Reichsstadt Nordhausen in Sicherheit zu bringen. Er flüchtet also. Es ist ein erster Glaubenskrieg - wenn man so will - aus Anlass der Reformation, der uns auch bekannt ist. Damit endet zunächst einmal die Reformation, bzw. der reformatorische Ansatz.

Allerdings gibt es in Frankenhausen und damit im Herrschaftsgebiet der Grafen von Schwarzburg eine sehr starke Oberschicht. Nämlich die Pfänner. Wer sind diese Pfänner? Ganz einfach: die Salzherren. Die Salzherren bitten im März 1525 den Grafen in Sondershausen, dass er ihnen genehmigt, an der Oberkirche einen evangelischen Prediger annehmen zu dürfen. Graf Heinrich XXXI. wehrt dieses Unterfangen natürlich genauso ab, wie er zuvor Taubental abgewehrt hat.

Die Pfänner kommen also nicht zu ihrem evangelischen Prediger. So sind sie zunächst gezwungen, das Wort Gottes an anderer Stelle anzuhören. Und der nächste Weg führt in diesem Fall nach Allstedt. Denn unter dem Schutz der Kurfürsten von Sachsen ist hier ein Prediger tätig, Thomas Müntzer, der sogar als erster die deutsch-evangelische Messe hier einführt, noch vor Martin Luther. Diese wird auch publiziert.

Wir sehen einen Teil eines Deckblattes. So stellte man sich die Predigt von Müntzer vor. Das soll er wohl sein. Thomas Müntzer hat erstaunlicherweise viel Zulauf. Und dieser Zulauf kommt sowohl aus dem Schwarzburgischen Gebieten als auch aus dem Mansfelder Gebieten um Artern und Heldrungen. Demzufolge hat er am Anfang auch mit Auseinandersetzungen zu kämpfen. In Heldrungen residiert mit Graf Ernst II. von Mansfeld ein erzkatholischer Adliger, der auch Zeit seines Lebens dem katholischen Glauben treu bleiben wird. 1523 gerät Müntzer mit ihm zuerst aneinander. Ein Grund dafür, warum im Bauernkrieg, Müntzer mit Ernst von Mansfeld harte Worte wechselt und ihm obendrein droht, Heldrungen einzunehmen.

Deut Evangeli Mee

etwann dur die Bebſtie pfaffen
in Latein zu groem natheyl des Chriſten glaubens vor
ein opfer gehandelt, und ißt vorordnet in dieſer fehrlien Zeyt zu
entdeen den grewel aer abgöerey dur ſole mißbreue der
Meen lange Zeit getriben.

Thomas Müntzer, Alſtedt 1524

Einleitung zu Thomas Müntzers »Deutsch-Evangelische Messe«
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Ich Thomas Müntzer - Eyn knecht Gottes
Historisch-biographische Ausstellung im Museum für Deutsche Geschichte

Nun gärt es aber, es herrscht Bauernkrieg. Er bricht etwa am 18./19 April auch in Thüringen aus. Und bereits am 29. und 30. April erheben sich in Sondershausen und Frankenhausen die Einwohner gegen ihren Landesherren. In Sondershausen wurde durch einen Frankenhäuser Pfänner das Geschehen angestachelt, der dort das Wort führt und der dazu aufruft, das Schloss zu stürmen.

Der Sturm beginnt auch in Frankenhausen. Zuerst wird das Rathaus erstürmt, später auch das Frankenhäuser Schloss. Es wird Widerstand geleistet. Es ist weder bekannt, wie viele Menschen sich zur Wehr setzen, noch was den Bewaffneten, die diesen Widerstand leisten, widerfährt. Es wird zwar nicht von Toten gesprochen, man kann aber gewiss davon ausgehen, dass es Verletzte gab.

Selbstverständlich erobert man als erstes die Klöster und Stifte. Warum dies? Die Klöster sind reich, und das reichste Kloster in Nordthüringen ist das Zisterzienser Nonnenkloster in Frankenhausen. Es verfügt über mächtig viel Besitz. Zu ihm gehören außerdem auch zahlreiche Weinberge. Auch Braurecht gehört dazu.

Nun wissen wir auch, Bauernkrieg ist nicht nur mit Kämpfen verbunden, sondern auch mit Essen und Trinken. Die Nonnen im Kloster haben Glück, sie können sich absetzen. Das ist ihr ganz großes Glück, ansonsten wäre es ihnen sicherlich schlecht ergangen. Denn jene, die das Kloster stürmen, setzen sich zuerst in den Weinkeller und sind dann meistens relativ volltrunken anzutreffen, wie es von Johann Friedrich Müldener überliefert wird. Somit sind diese auch in ihren ganzen Handlungen nicht mehr ganz zurechnungsfähig.

Klostermauer
Reste des Zisterzienserklosters St. Georgii
Bild: Regionalmuseum
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Buchseite eines Buches aus der Klosterbibliothek Frankenhausen
Sammlung Stadtarchiv Bad Frankenhausen

Schließlich haben sie die Stadt erobert und das Koster legen sie in Schutt und Asche. Von den Schriften, die im Kloster lagerten, bleiben nur Rudimente übrig. Und jene Schriften, die es bis in die heutige Zeit herüber schafften, sind nur deshalb relativ gut erhalten, weil sie später im Rathaus zum Einschlagen der Akten verwendet werden. Die Blätter, die die Aktenbündel eigentlich halten, sind meistens aus gutem Pergamentpapier, welches aus dem Kloster hervorgegangen ist. Das ist oftmals so, nicht nur in Frankenhausen, so ist fast überall verfahren worden. Vielleicht ist auch dieser Teil des Gebäudes am Kloster in Frankenhausen, der heute noch steht, damals mit zerstört worden. Wir wissen es nicht. Möglich wäre es.

Derjenige, der nun dieses Treiben zu verantworten hat, ist Graf Günther XL., später genannt »der Reiche«. Damals ist er aber noch weit davon entfernt. Sein Vater, Heinrich XXXI. von Schwarzburg, flieht genau dorthin, wohin Taubental bereits entkommen ist, nach Nordhausen. Heinrich setzt sich bei Beginn des Aufstandes aus Sondershausen ab und überlässt seinem jungen Sohn, der über keine große Regierungserfahrung verfügte, auf einmal die Schwarzburger Geschäfte. Günther steht jedoch vor einer schweren Aufgabe. Er hat keine Bewaffneten, er hätte zwar genug Geld, das haben die Schwarzburger ohne weiteres. Trotzdem ist er nicht in der Lage, den Adel und auch Landsknechte zu formen. Das wird ihm später Herzog Georg von Sachsen negativ anlasten. Er zieht es lieber vor - nach dem Willen Thomas Müntzers - die Artikel der Bauern zu unterzeichnen.

Derartiges Handeln ist bei vielen Adligen zu beobachten. So verhalten sich die Hohensteiner, die Grafen von Stollberg, aber auch die Schwarzburger. Die einzigen, die das verweigern, sind die Mansfelder.

Folgenschwerer Fehler der Frankenhäuser Bauern

Ernst II. von Mansfeld wird in Heldrungen hinhaltenden Widerstand leisten. Er vermag das auch ohne weiteres, denn die Feste Heldrungen ist erst 1519, also gerade 6 Jahre vor dem Bauernkrieg komplett neu instandgesetzt bzw. neu aufgebaut worden. Die Festung ist somit in bestem Zustand und damit auch die verteidigungsfähigste Festung, die wir hier überhaupt haben.

Allerdings kommt es dann zu einem folgenschweren Fehler in Artern. Graf Ernst möchte wissen, was außerhalb von Heldrungen passiert, außerhalb der Feste. Er schickt dazu Matern von Gehofen, einen Adligen, und zwei weitere, darunter einen Priester, nach Artern. Immerhin von einem Landsknecht bewacht, doch werden alle in Artern vom Pferd geholt. Denn dort hat sich inzwischen bereits ein Teil des »Frankenhäuser Haufens« eingefunden, die die Dienstmannen von Graf Ernst gefangen nehmen und diese mit nach Frankenhausen bringen.

Dieses Ereignis wird 1975 Teil des großen Umzuges durch Frankenhausen während der Festspiele zur 450-Jahrfeier und wurde dabei extra ausführlich dargestellt. Die Gefangenen erwartete ein hartes Schicksal. Im Bauernkrieg, insbesondere in Mühlhausen, wo man vielleicht annimmt, es hätte viele Tote gegeben. Doch ausgerechnet in Mühlhausen gibt es während des Aufstandes keinen Toten. Aber gerade die Frankenhäuser begehen hier einen Frevel, der geahndet wird. Einige im Haufen sind dafür, dass man das Landesherrenrecht anwendet. Die Gefangenen sollen in den den sogenannten Ring gestellt werden und dann ordentlich abgeurteilt werden. Stattdessen eskaliert die Angelegenheit. Über die 3 Hauptleute fällt man im Ring das Todesurteil. Sie werden am 13. Mai 1525 mit dem Schwert im Ring gerichtet. Das wiederum meldet Ernst nach Dresden, zu Herzog Georg, der unterdessen bereits auf dem Marsch ist. Es führt schließlich dazu, dass sich Marschrichtungen auch ändern können.

Jetzt weiß man aber, es wird sich höchstwahrscheinlich alles in Frankenhausen entscheiden, wo sich Anfang Mai schon 5.000 - 6.000 Aufständische zusammengefunden haben, darunter u.a. etwa 500 Bürger Frankenhausens. Diese Schar von 500 bedeutet aber auch, sie bilden ein einheitliches Fähnlein. Soviel Leute braucht man, um ein Fähnlein bilden zu können. Sie werden anwachsen auf vielleicht 7.000 - 8.000. Eine genaue Zahl kann man nicht nennen, weil diese jeweils anders angegeben wird. Jeder, der berichtet - ob nun ein Stollberger, Brandenburger, ein Sachse oder ein Hesse - wird immer eine andere Zahl angeben.

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Feste Heldrungen (um 1645)
Bild: Sammlung Regionalmuseum
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Bauernhaufen um Thomas Müntzer auf dem Hausberg zu Frankenhausen,
Ausschnitt aus dem Film: »Thomas Müntzer – Ein Film deutscher Geschichte«
Bild: DEFA-Sammlung Regionalmuseum

Drei Fürsten - 2 Katholiken & 1 Lutheraner

Noch leistet man erfolgreich Widerstand vor der Stadt. Am 14. Mai wird der Angriff des Landgrafen Philip I. von Hessen abgewehrt. Doch plötzlich versammelt man sich - aus welchen Gründen auch immer - in einer Wagenburg oberhalb der Stadt, nördlich des heutigen Panorama-Museums. Dort wird man einen zweiten Schlachttag am 15. Mai erwarten.

Wir sehen eine Predigt aus dem Thomas-Müntzer-Film mit dem Darsteller Wolfgang Stumpf, in der Rolle des Thomas Müntzer. Müntzer war aber nicht der einzige Prediger im Haufen. Derer gab überaus viele iunter den Aufständischen. Darunter aber auch eine große Anzahl Gottesdiener, die mit Müntzer rein nichts am Hut hatten. Das waren wirkliche Lutheraner gewesen.

Man sollte hier vielleicht auch berücksichtigen: Wie war es Müntzer nur möglich, vor einigen tausend Menschen zu predigen. Als Pfarrer weiß man, wieviel Menschen man in einer Kirche, mit relativ guter Akustik, erreichen kann. Wie viele Christen vernehmen überhaupt meine Predigt verständlich. Aber in Müntzers Fall? Und dazu noch unter freiem Himmel? Müntzer soll ja wahrscheinlich in Frankenhausen ausschließlich unter freien Himmel gepredigt haben.

Und in dieser Situation kommt es dazu, dass drei Fürsten mit ihren Truppen erscheinen, davon sind 2 katholisch. Herzog Georg von Sachsen sowie Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig. Nur einer hat sich da schon zu Luther bekannt, das ist Landgraf Philip I. von Hessen, der das bereits 1523 erledigte. Die anderen beiden haben bestimmte Gründe, warum sie einerseits ihrem Glauben treu bleiben, und andererseits in Frankenhausen ziemlich hart vorgehen.

Wir betrachten hierbei den weniger bekannten Heinrich, Herzog von Braunschweig. Sein Vater ist im Aufstand der Friesen vor der Festung Leer gefallen. Das liegt keine zehn Jahre zurück. Dort hat er gemeinsam mit Herzog Georg von Sachsen gekämpft und hat geschworen: Nie wieder einen Waffenstillstand, und nie wieder werde ich vor irgendeinem Aufständischen zurückziehen.
Sein Vater ist während eines Waffenstilstandes durch die Aufständischen getötet wurden. Und in Frankenhausen ist man der Meinung: während des Waffenstillstandes greifen die Fürsten an. Das tun sie auch, weil Heinrich es fordert. Der Hesse lässt sein Geschütz abfeuern, ein gutes Geschütz, er hat schließlich den besten Büchsenmacher des Reiches. Heinrich schickt seine Reiter ins Feld, die beste Kampferfahrungen haben und Herzog Georg wartet ab, bis er seine unsichere Kantonisten auch ins Feld führen kann, indem er ihnen die Stadt für 3 Tage zur Plünderung frei gibt.

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Folterung Müntzers, Filmausschnitt »Thomas Müntzer – Ein Film deutscher Geschichte«
Bild: Aus DEFA-Fotomappe, gewidmet der Stadt Bad Frankenhausen 1955, Regionalmuseum Bad Frankenhausen, Signatur IV – 6a
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Thomas Müntzer am Angertor in Frankenhausen
Walter Frahm (1884 - 1970), Radierung, 1963
Bild: Sammlung Regionalmuseum

Herzog Georg führt erbarmungslosen »Glaubenskrieg«

Das Resultat ist unmissverständlich: alles was auch nur nach »Reformatorischer Ansatz« riecht, wird ausgemerzt. Herzog Georg lässt alle evangelischen Priester ausweisen. Wer nicht rechtzeitig entkommt, wird gefangen genommen. Er handelt wie folgt: - zu DDR-Zeiten stand zu lesen: er habe eine Blutspur hinterlassen - Er hinterlässt keine Blutspur, er setzt seinen Glauben durch. Er zieht durch die Dörfer, lässt jeden Dorfgeistlichen aufgreifen, lässt ihn verhören, wessen Glauben er anhängt. Dabei zieht er immer den Dorfvorsteher mit zu Rate. Wenn dieser mitgekämpft hat, ist er seinen Kopf los.

Auf diese Art und Weise sorgt er dafür, dass der Katholizismus nach dem Bauernkrieg in die Dörfer zurückkehrt. Indem Müntzer gefangen genommen und nach Görmar gebracht wird, vor den Toren Mühlhausen hingerichtet wird, hat er einen Lutheraner beseitigt. Man darf hierbei nicht vergessen - Müntzer ist in seinen Augen nicht eigenständig. Alles Böse geht von Martin Luther aus. Und Luther ist etwas ganz Böses. Er ist Hussit. Das wird Georg bewegen, hart durchzugreifen. Indem er Müntzer beseitigt, beseitigt er einen Lutheraner. Das ist wichtig für ihn.

Damit setzt er etwas durch, was ihn eigentlich aus Kindertagen schon berührt. Sein Name ist eigentlich hussitisches Programm. Sein Großvater ist Georg von Podiebrad, der Hussitenkönig von Böhmen. Seine Mutter heiratet nach Sachsen, Albrecht der Beherzte v. Sachsen. Sie schwört, dass ihr Sohn, dem Katholizismus und dem Papst geweiht wird. Er soll also Geistlicher werden.

Aus vielfältigen Gründen wird es ihm so nicht widerfahren. Es sterben Brüder in der Familie, man hat Angst, die Thronfolge kann nicht gesichert werden. Aber Georg trägt den Namen seines Großvaters auch des heiligen Georg, und seine Mutter sorgt dafür, dass er streng katholisch bleibt. Der Mann ist nicht dumm. Er besucht eine Universität. Und all das, was von ihm an Schriften bekannt ist - die wahrscheinlich sein Hofkaplan verfasst hat - sind eigentlich Schriften, die aus seiner eigenen Feder stammen. Er hat nur jemand gesucht, der seinen Namen für die Veröffentlichung hergibt. Schön nachzulesen ist dieses Geschehen im Wittenberger Lutherhaus. Dort kann man sich sehr gut informieren. u.a. Martin Luthers Buch »Wid das unriſtenlie bu Martini Luthers Auguſtiners an den tewten Adel ausgangen Vorlegung Hieronymi Emſer an gemeyne holöblie teute Nation«. Er lässt dort alles zusammentragen, was Luther mehr oder weniger mit seiner Reformation angerichtet hat.

Lesen Sie hier weiter - Fortsetzung >>

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