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Schuhmacherhandwerk

Das Schuhmacherhandwerk gehört zu den lederverarbeitenden Handwerken. Für das Spätmittelalter gibt es Nachweise, dass das lohgare Leder (Lohgerberei) selbst hergestellt wurde. In einigen Regionen Deutschlands war man mit den Lohgerbern in einer Handwerkszunft vereinigt. Eigenständige Innungen bzw. Zünfte der Schuhmacher bildeten sich erst seit dem 15. Jahrhundert verstärkt heraus. Die Herstellung von Schuhen gehörte zu den leichter zu erlernenden Handwerken und bedurfte keiner teuren Werkzeuge. Am Beginn der Herstellung stand das Zuschneiden des Oberleders unter Zuhilfenahme eines Messers auf einem Schneidebrett. Nachdem Vorderteil, Hinterteil und Futter zusammengenäht waren, wurde die Brandsohle auf den Leisten befestigt und der Schuhschaft mit einer Zange über den Leisten gezogen.

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Siegel der Schuhmacher zu Frankenhausen

In einem der nächsten Arbeitsschritte wurden Oberleder und Brandsohle zusammengenäht. Anschließend wurde die Laufsohle aufgenäht. Zuletzt wurde der Absatz an der Brand- und der Laufsohle angebracht. Dieser Herstellungsprozess war bis ins 18. Jh. typisch. Wesentliche Veränderungen in der Schuhherstellung brachte das 19. Jh. mit sich. Aus Amerika wurde eine neue Technik übernommen. Wurde bis dahin die Sohle an das Oberleder angenäht, nagelte man jetzt die Laufsohle mittels Holzstiften an die Brandsohle und das Oberleder. Dies verkürzte nicht nur den Zeitaufwand, sondern war zugleich auch kostengünstiger. Ab Mitte des 19. Jh. hielt die Nähmaschine in die Schuhmacherwerkstatt Einzug. Mittels Nähmaschine vermochte man nun die Schuhschäfte zu steppen. In Form der Schaftfabriken entstand ein eigenständiger Arbeitsbereich, der jetzt die Schuhmacher mit fertigen Schäften belieferte. Nach und nach hielten immer weitere technische Neuerungen ihren Einzug, bis nach dem Ersten Weltkrieg gar die Klebepresse zur Ausstattung einer Werkstatt gehörte. Zwar war das Schuhmacherhandwerk ein zünftiger Handwerksberuf, doch waren eher geringe Qualifikations- und Kapitalvoraussetzungen notwendig.

Es gehörte nicht allein zu den zahlenmäßig größten Handwerken, sondern wurde auch von vielen nicht zunftgebundenen Leuten, den so genannten »Pfuschern« betrieben. Um die Konkurrenz möglichst klein zu halten, schlossen sich die städtischen Meister eng in Zünften und Innungen zusammen. Seinen Höhepunkt erlebte dieses Zunftwesen im 18. Jh. Auch die Schuhmacher in Frankenhausen und den umliegenden Kleinstädten ließen sich seitens der jeweiligen Landesherrschaft ihre Innungsartikel neu bestätigen. Für die Frankenhäuser Schuhmacher konfirmierte Fürst Ludwig Günther von Schwarzburg-Rudolstadt (reg. 1767 ‒ 1790) im Jahre 1768 die neue, überarbeitete Innungsordnung. In der zu Sachsen gehörenden Kleinstadt Heldrungen bekamen die Schuhmacher 1665 eine Innungsordnung, die Herzog August von Sachsen-Weißenfels (1614 - 1680) bestätigte. Im Verlauf des 18. Jh. wurde diese Innungsordnung gleich dreimal überarbeitet. Die innungsgebundenen Werkstätten bestanden zumeist nur aus dem Meister, einem Gesellen und einem Lehrjungen, Bürgern der Stadt, die in der Regel Sitz und Stimme im Stadtrat besaßen.

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Einband der Frankenhäuser Innung des Schuhmacherhandwerks, 1768
Transkript
Von Gottes Gnaden wir Au-
gustus, postulierter Administrator des Primat- und Erzstifts Mag-
deburg, Burgvogt zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg, Landgraf in Thürin-
gen, Markgraf zu Meißen, auch Ober-und Niederlausitz, Graf der Mark
Ravensberg und Barby, Herr zum Ravenstein. Vor uns, unseren Erben und
Nachkommen thun kund an diesem unseren offenen Briefe gegen männig-
lich, dass uns unsere lieben Getreuen, die Meister des Schuster Hand-
werks in unserer Stadt Heldrungen in Unterthänigkeit angelanget
und gebethen, dass wir als Landesfürst geruthen, sie aus obrig-
keitlichem Ambte mit einigen Innungs-Privilegien und Freyhei-
ten gnädigst zu versehen.

Wann wir denn unserer Untertanen Wohlfahrt und Bestes zu beför-
dern geneiget, also haben wir besagten Meistern des Schuster
Handwerks unterthänigstes Suchen gnädigst stattgegeben, und
nachfolgende Innungs-Articul ertheilet, welche von Wort zu Wort
lauten:

Anfangs und vor das Erste soll sich ein jeder Gülde Bruder, wenn das
Handtwerk beysammen, aller Gotteslästerungen, Fluchens, Schwör-
ens, auch aller schandbaren Wort und Zoden gänzlich eusern und
enthalten, bey Straff eines Orths Reichs Thalers, so offt der eines
gehörtet und erfahren wird.
Vors Andere, so sollen die Gülde Brüder ihren Innungs Meister, auch die
jenigen, welche aus ihrer Innunge im Rath Stuhl sitzen, nicht duzen, Lü-
gen treffen noch auch sonsten ihnen mit unfuglichen Worten ...

Die Lehrjungen absolvierten in der Regel eine dreijährige Lehrzeit. Vermochten die Eltern des Lehrjungen kein Lehrgeld an den Meister zu zahlen, erhöhte sich die Lehrzeit zumeist um ein Jahr. Den Lehrjungen oblag oftmals die »Flickarbeit«, während geübte Gesellen bereits vollständige Schuhe fertigten. Schuhe wurden nicht auf Bevorratung, sondern auf Bestellung gearbeitet. Eine hohe Nachfrage nach Schuhen wirkte sich auch auf den Umfang der Lederherstellung durch die Gerber aus. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wohnten neben den Lehrjungen auch die Gesellen im Haus des Schuhmachermeisters.

Im Königreich Preußen wurde bereits 1810 die Gewerbefreiheit eingeführt. Im Jahr 1815 fielen auch die um die Kleinstädte Artern, Heldrungen und Wiehe gelegenen, ehemals zum Königreich Sachsen gehörigen Gebiete an Preußen. Dadurch fielen auch hier nach und nach die Zunftschranken und die Schuhmacher mussten sich dem Wettbewerb stellen.

Dagegen regte sich teilweise Widerstand unter den Handwerksmeistern, die ihre selbstständige Existenz bedroht sahen. Mit der Einführung der Gewerbefreiheit im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt 1864 kamen die Schuhmachermeister auch hier zunehmend in die Bedrängnis der sich etablierenden Konfektions- und Ladengeschäfte, die einen größeren Vorrat an industriell gefertigten Schuhen anbieten konnten.

Einige Schuhmacher in der Stadt suchten daraufhin ihre Werkstatt mit einem Ladengeschäft zu kombinieren, um dem Verdrängungswettbewerb standzuhalten. Ein in der Münze (Gasse) gelegenes Schuhwarenhaus hatte die Alleinvertretung in der Stadt für den Schuhproduzenten Eduard Lingel in Erfurt inne.

Schuhmacher im Jahr 1910

Wem die Einrichtung eines Ladengeschäftes nicht gelang, musste sich oftmals auf die Reparatur von Schuhen beschränken. War Handarbeit im ländlichen Raum bis zum Ersten Weltkrieg noch relativ stark nachgefragt, ging diese in den 1920er Jahren auch auf dem Land erheblich zurück. Zunehmend konzentrierten sich die Schuhmacher allein auf den Verkauf industriell gefertigter Schuhe größerer Hersteller und gaben die Schuhreparatur auf.

Es etablierten sich rein auf den Schuhverkauf orientierte Geschäfte. In der 1949 gegründeten Deutschen Demokratischen Republik (DDR) traten neben die privaten Schuhmachermeister und Schuhgeschäfte staatliche Anbieter. So besaßen sowohl die Handelsorganisation (HO) und der Konsum Verkaufsgeschäfte und boten in so genannten Dienstleistungsunternehmen die Reparatur von Schuhen an.

Besaß die Kleinstadt Frankenhausen 1910 noch mehr als 20 Schuhmachermeister, halbierte sich deren Zahl bis zum Ende der 1920er Jahre. In den folgenden Jahren ging die Zahl der Schuhmacher weiter zurück. Gegenwärtig (2018) gibt es mit Schuhmachermeister Peter Sroka in der Münze noch einen Schuhmacher in Bad Frankenhausen, der Schuhe repariert.

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