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Schwimmbad-Geschichten (4)

Faschisten hatten vorerst schweren Stand

Noch bevor die Badesaison 1933 im Mai eröffnet werden konnte, hatten sich in Deutschland und damit auch in Bad Frankenhausen gravierende politische Veränderungen vollzogen. Da die politischen Verhältnisse nicht ohne Einfluss auf den nun angegangenen und vollzogenen Bau des Soleschwimmbades waren, seien sie in die nachstehenden Darstellungen eingeflochten.

Während es der NSDAP nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, am 30. Januar 1933, auf Reichsebene relativ schnell gelang, die politische Macht an sich zu binden, hatte sie damit auf kommunaler Ebene, z. B. Bad Frankenhausen, einige Schwierigkeiten. Den bisher im Stadtrat vertretenen Parteien - Bündnis der bürgerlichen Parteien, SPD und KPD - war es bis zum Ende der »Weimarer Republik« gelungen, der NSDAP den Einzug in den städtischen Rat zu verwehren. 1

Die Reichstagswahl vom 5. März 1933 sah die NSDAP bereits mit Stimmenverlust. Bürgerliche und Sozialdemokraten besaßen zusammen mehr Stimmen und stellten im Stadtrat eine knappe Mehrheit. Erst das am 23. März erlassene Ermächtigungsgesetz brachte den demokratischen Parteien das Aus. Danach hatte sich der Stadtrat am 25. März 1933 selbst aufzulösen. Eine Neuwahl gab es nicht. Die Neubildung hatte auf der Grundlage der Reichstagswahlergebnisse vom 5. März 1933 zu erfolgen und erbrachte zunächst mit 7 gegen 6 Sitze eine einfache Mehrheit der demokratischen Parteien. Durch die NSDAP-Ortsgruppenleitung wurde die Sitzverteilung erfolgreich »angefochten«. Eine Neufestsetzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit ergab nun zunächst ein umgekehrtes Verhältnis zu Gunsten der NSDAP.

Die Reichstagswahl vom 5. März 1933 sah die NSDAP bereits mit Stimmenverlust. Bürgerliche und Sozialdemokraten besaßen zusammen mehr Stimmen und stellten im Stadtrat eine knappe Mehrheit. Erst das am 23. März erlassene Ermächtigungsgesetz brachte den demokratischen Parteien das Aus. Danach hatte sich der Stadtrat am 25. März 1933 selbst aufzulösen. Eine Neuwahl gab es nicht. Die Neubildung hatte auf der Grundlage der Reichstagswahlergebnisse vom 5. März 1933 zu erfolgen und erbrachte zunächst mit 7 gegen 6 Sitze eine einfache Mehrheit der demokratischen Parteien. Durch die NSDAP-Ortsgruppenleitung wurde die Sitzverteilung erfolgreich »angefochten«.

Eine Neufestsetzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit ergab nun zunächst ein umgekehrtes Verhältnis zu Gunsten der NSDAP. Im weiteren Verlauf des Jahres 1933 wurden dann die Stadträte von SPD und Bürgerlicher Fraktion aus dem Rat ausgeschlossen. Die Sitze wurden entweder an Vertreter der NSDAP übergeben oder gestrichen. Die Stadträte hießen nun nicht mehr Stadträte, sondern »Ratsherren«. Zuletzt, am 17. Februar 1934, wurde auch Bürgermeister A. Hess aus dem Amt entlassen bzw. entfernt und durch eine vom NSDAP-Ortsgruppenleiter genehmigte Person ersetzt. Die politisch einflussreichste Person war zunächst der NSDAP-Ortsgruppenleiter, nicht der Bürgermeister.

Auflösung der Arbeitersportvereine

Am gleichen Tag, an dem sich der Stadtrat aufzulösen hatte - 25. März 1933 - erging eine Verfügung des Thüringischen Ministeriums des Innern, wonach alle Arbeitersportvereine aufzulösen seien. 2 In Bad Frankenhausen betraf dies den »Arbeiter Turn- und Sport-Bund« (ATSB), den »Zentral-Verein für Sport-Spiele und Körperpflege« (»Rot-Sport«) und den »Arbeiter-Radfahr-Verein«. Bereits am 28. März wurde der gesamte Besitz des »Arbeiter-Schwimm-Vereins«, einer Unterabteilung des ATSB, im Schwimmbad Weidengasse beschlagnahmt und die Unterkunft polizeilich verschlossen. Ein Gleiches wiederfuhr der Schwimmtruppe des »Zentralverein«. Der Abschluss der Auflösung der Arbeitersportvereine wurde am 26. Mai verkündet.

Am 21. Oktober 1933 ordnete das Thüringische Ministerium des Innern den Verkauf der zunächst nur beschlagnahmten Sportgeräte, z. B. ein Wasserballspielfeld mit zwei Toren und Schwimmgeräte, an. Käufer war der Bad Frankenhäuser »Turnverein 1856 e. V.«, der auch die Baracke und Umkleideräume pachtweise aus dem nunmehrigen Besitz der Stadtverwaltung übernahm und seinem Schwimmwart übergab.

Das Schwimmbad selbst verblieb im städtischen Eigentum. Währenddessen debattierten die Pfänner weiter über mögliche Maßnahmen, dass rückläufige Geschäftsfeld Kur- und Badewesen wieder in Schwung zu bringen. Der Ankauf des Hotels »Thüringer Hof« 1931 und die Verpachtung durch die Pfännerschaft hatte vorerst den Rückgang bei den Übernachtungen nicht aufhalten können. Auf der Versammlung der Pfännerschaft im Februar 1933 kam es dann zu einem Richtungsstreit innerhalb der Pfänner. 3

Nur über Elisabethquelle war man sich einig

Ein Teil der Pfänner sah im Bau eines Gradierwerkes ein geeignetes Mittel, den Kurbetrieb zu beleben. Hierfür sprachen gleichartige Aktivitäten in Bad Sulza. Die Mehrheit der Pfänner war jedoch für verstärkte Investitionen in die Saline. Für die generelle Neugestaltung der Kur- und besonders Badeanlagen im Sinne der Planungen von Georg Wünschmann konnte sich kaum jemand erwärmen. Eine einhellige Meinung gab es lediglich darüber, die Elisabethquelle umfassend auszubauen und neu zu gestalten.

Dieser einzige auf dieser Versammlung gefasste Beschluss wurde bis 1934 auch umgesetzt. Mitten in die anhaltenden Diskussionen platzte im März 1934 der Antrag des NSDAP-Ortsgruppenleiters, Heinz Bartels (1908 in Dessau -?), innerhalb der Pfännerschaft das so genannte »Führerprinzip« in der Satzung festzuschreiben. Gleichzeitig kündigte er den Pfännern an, dass für den kurz zuvor abgesetzten Bürgermeister Hess der neue Erste Beigeordnete der Stadt von nun an die Interessen derselben in der Pfännerschaft vertreten würde. Ohne weitere Debatten aufkommen zu lassen, ließ er den Ersten Beigeordneten in den Vorstand der Pfännerschaft wählen.

In wirtschaftlicher Hinsicht erwies sich der Neubau einer Saline als wichtigster Beschluss dieser Versammlung. Die bisherige Saline galt als überaltert und es drohte deshalb schon seit geraumer Zeit der Ausschluss aus dem deutschen Salzsyndikat. Innerhalb des Syndikats besaß die Bad Frankenhäuser Saline lediglich einen Produktionsanteil von 0,2%. Die Investitionssumme sollte bis zu 50.000 RM betragen.

Inzwischen führte der Vorsitzende der Pfännerschaft, Apotheker Hermann Quincke (1883, Kreis Altona, Hamburg -1946), seit 1913 Mitinhaber der Angerapotheke, Verhandlungen mit dem neuen Bürgermeister, Dr. Viktor Werner (Bürgermeister von Juni 1934 - Juli 1935), über den Bau eines Soleschwimmbades. Auf der Zusammenkunft der Pfänner am 19. März 1935 wurde der Verlauf der bisherigen Verhandlungen dargelegt. Dr. Werner hatte den Vorschlag unterbreitet, eine Genossenschaft zu gründen, in der neben der Pfännerschaft die Stadtverwaltung und weitere Interessenten und Investoren eintreten könnten.

Apotheker Quincke überzeugte die Pfänner

Die Pfänner, die wegen fehlender Eigenmittel den Bau seit 1927 immer wieder vertagt hatten, sollten den Bauplatz und die Lieferung der Sole als Kapital in die Genossenschaft einbringen. Auch dieses Mal mochten sich die Pfänner nicht zu entscheiden und es drohte eine erneute Vertagung auf die nächste Hauptversammlung in einem Jahr. Der Vorstand unter H. Quincke ließ jedoch nicht locker und berief bereits für den 11. April des Jahres die nächste Versammlung ein. Die recht selbstbewussten Pfänner ließen sich nicht gern gängeln und so erwiesen sich die Debatten in dieser Versammlung als »recht erregt«.

H. Quincke verwies darauf, dass der Bau eines Soleschwimmbades sowohl im Interesse der Pfännerschaft als auch der Stadt Bad Frankenhausen liege. Schließlich erreichte er es, dass eine Mehrheit dem Antrag »Errichtung eines Soleschwimmbades« unter folgenden Bedingungen zustimmte: Die Pfännerschaft stellt den Bauplatz zur Verfügung. Dafür wird das alte Siedehaus »Schwan« abgerissen (stand auf dem Platz des heutigen Schwimmbeckens). Die Pfännerschaft tritt in die zu gründende »Sol-Schwimmbad-Genossenschaft e. GmbH« ein und zeichnet dort zudem 10 Anteile. Sollte sich die Genossenschaft auflösen, geht das Soleschwimmbad sofort in das Eigentum der Pfännerschaft über. Ansonsten geht das Schwimmbad nach Ablauf von 10 Jahren nach Fertigstellung in deren Besitz über.

Nach diesem Beschluss konnten die Planungsarbeiten offiziell beginnen. Inoffiziell hatten sie bereits begonnen. An Stelle des abzureißenden Siedehauses »Schwan« war ursprünglich der alleinige Neubau der Saline geplant gewesen. Den Abrissauftrag hatte der Vorstand der Pfännerschaft ohne weitere Rücksprachen vergeben. Und welch Sakrileg, den Auftrag hatte ein Nichtmitglied der Pfännerschaft erhalten. H. Quincke hatte alle Mühe, sein Verhalten zu erklären. Fast scheiterte daran die Zustimmung zum Bau des Schwimmbades. Insbesondere Pfänner, die selbst in der Baubranche tätig waren, machten ihrem Ärger Luft. Doch wie sich weiter zeigen sollte, verlor die Pfännerschaft immer mehr an Einflussnahme auf die Auftragsvergabe und das Baugeschehen.

Arbeitsdienst soll Becken ausheben

Auch Bürgermeister Dr. Werner war nicht untätig geblieben. Bereits am 20. Februar 1935 hatte er Gespräche mit dem Arbeitsdienst, Arbeitsgau 23 Thüringen, in Mühlhausen aufgenommen. 4 Von hier aus wurde er an die »Reichsleitung des Freiwilligen Arbeitsdienstes der NSDAP« mit Sitz in Berlin verwiesen. Ziel war es, den Arbeitsdienst zum Ausheben des Beckens zu gewinnen, um damit die Kosten geringer zu halten.

Zunächst lehnte die Reichsleitung ab. Da hatte es auch nichts geholfen, dass er darauf verwies, der erste nationalsozialistische Bürgermeister der Stadt zu sein und sich auf die Fahnen geschrieben habe, den Fremdenverkehr vordergründig zu beleben.

Bad Frankenhausen hatte zu diesem Zeitpunkt einen Schuldenberg von fast 2 Mill. Reichsmark und damit ebenfalls kein Kapital, dass in die Genossenschaft hätte eingebracht werden können. Als wider Erwarten am 02. April des Jahres doch noch eine Zusage des Arbeitsdienstes einging, dass Becken gegen eine geringere Aufwendung als bei Vergabe an eine Baufirma ausheben zu wollen, vermochte Dr. Werner auf der Pfännerschaftsversammlung vom 11. April 1935 parteipolitisch selbstbewusst aufzutreten.

Architekt Wünschmann fühlte sich benachteiligt

Mitten in diese Vorgänge platzte das Schreiben eines weiteren unzufriedenen Pfänners. 5 Architekt Georg Wünschmann, nach wie vor Mitglied der Pfännerschaft, hatte in Leipzig von einem Gewährsmann aus Bad Frankenhausen von dem Bauvorhaben erfahren. Unter Schilderung seiner eigenständigen Planungen im Jahre 1927 forderte er Bürgermeister Dr. Werner unmissverständlich auf, »dass wenn die Sache spruchreif wird, ich gefragt und beauftragt werde.« Dr. Werner war nun bemüht, sein Erscheinen auf der Pfännerschaftsversammlung am 11. April möglichst zu unterbinden. Mit dem Argument, ihn bei einer positiven Abstimmung der Pfänner »als Söldenbesitzer ohne weiteres in die engere Wahl« zu ziehen, konnte er ihn in Leipzig zurückhalten.

Sein Fernhalten von der Pfännerschaftsversammlung erfolgte allerdings nicht im Alleingang des Bürgermeisters, sondern auf Drängen verschiedener Mitglieder und des Vorstandes der Pfännerschaft Im Vorstand befand sich zu diesem Zeitpunkt der Inhaber eines einflussreichen Bad Frankenhäuser Architekturbüros und der Baufirma »Mitteldeutsche Massiv-Sparbau GmbH« (Mimas). Das familiengeführte Unternehmen erhoffte selbst, den Zuschlag für Planung und Ausführung zu erhalten. Ränke und Machenschaften dieser Art sollten fortan Planung und Baugeschehen begleiten.

Kurkinder konnten schon vorher planschen

Bevor jedoch überhaupt mit den Arbeiten zum Soleschwimmbad begonnen werden konnte, wurde in Bad Frankenhausen bereits ein kleines Bad fertiggestellt, das mit Sole gefüllt wurde. Dabei handelte es sich um das Planschbecken des »Hermann-Hedrich-Heims«, das in den Jahren 1934/35 gebaut wurde. 6 Der Vertrag zwischen dem Träger der Einrichtung und der Pfännerschaft über die Lieferung der Sole per Druckleitung war am 20. März 1935 geschlossen worden. Die Vertragsdauer war auf 10 Jahre ausgelegt. Allerdings war das Becken fast ausschließlich den Kindern im Kurheim vorbehalten. Erste Gedanken zur Anlegung eines entsprechenden Beckens hatte bereits Georg Wünschmann geäußert. Der Umsetzung im Jahre 1927 waren auch hier finanzielle Grenzen gesetzt.

Dr. Ulrich Hahnemann

Literaturverzeichnis

  1. Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 1/11 C - 60: Stadtratswahl bzw. Neubildung 1933 und 1/11 C - 62: Gemeinderatswahlen 1932-1938.
  2. Stadtarchiv Bad F, 2/II - B5 und 2/II - B9: Auflösung der Arbeitersportvereine 1933-1934.
  3. Stadtarchiv Bad F, 6/I - 1247: Protokolle der Pfännerschafts-Versammlungen 1907-1937, Versammlungen vom 06.02. 1933, 14.03.1934, 19.03. 1935 und 11.04. 1935.
  4. Augenzeugenbericht eines leider unbekannten Verfassers (Museumsbestand)
  5. Ebenda, Schreiben (2x) vom 08.04. 1935.
  6. Augenzeugenbericht eines leider unbekannten Verfassers (Museumsbestand)
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