Stolz und Vorurteil
Das Kyffhäuſer-Tenikum Frankenhauſen na dem Krieg
Im Februar 1919 öffnete das Kyffhäuser-Technikum wieder seine Pforten. Der Ansturm war so groß, dass sich die Zahl der Studierenden gegenüber dem Jahr 1914 fast verdreifachte. Rund 460 Studierende hatten sich eingeschrieben. Den meisten Zulauf verzeichnete die durch den Dozenten Dipl.-Ing. Hugo Kromer neu aufgestellte Fachabteilung für Luftschiff- und Flugzeugbau. Rund ein Drittel aller Technikumsbesucher studierte an dieser Fachrichtung. Die Begrenztheit an Studienräumen und die große Wohnungsnot in der Stadt standen einer noch höheren Anzahl an Studierenden im Wege. Durch den Versailler Vertrag war Deutschland zunächst der Bau von Motorflugzeugen untersagt. In Anbetracht der Verdienste von Direktor Prof. Huppert und den Beziehungen von Dozent H. Kromer erhielt das Technikum Flugtechnik aus Heeresbeständen für die Ausbildung.
Foto: Peter Kawe, Bad Frankenhausen
Foto: Regionalmuseum Bad Frankenhausen
Anlässlich des 25jährigen Bestehens von Kyffhäuser-Denkmal und Technikum 1921 unterrichtete der Absolvent des Technikums, Botho von Römer (1896-1980), der mit futuristischen Entwürfen u.a. zu Luft- und Raumfahrt bekannt wurde, Generalfeldmarschall von Hindenburg über die Studienmöglichkeiten in Frankenhausen. Mit der Gründung der Flugwissenschaftlichen Vereinigung im Mai 1922 wurde das Technikum Hochschulen wie Aachen, Darmstadt oder Dresden gleichgestellt und in die Interessengemeinschaft der akademischen Fliegergruppe aufgenommen. Dozenten und Studierende nahmen mit großer Begeisterung an der Segelflugbewegung und den Wettbewerben der Segelflieger auf der Wasserkuppe in der Rhön teil. Technikum und Stadt stifteten 1922 sogar einen Kyffhäuser-Flugpreis für den Rhönwettbewerb.
Sammlung Regionalmuseum Bad Frankenhausen
Für die Wettbewerbe wurden in Frankenhausen teils eigene Segelflugzeuge konstruiert und gebaut. Unter großer Anteilnahme der heimischen Bevölkerung überführte Hugo Kromer ein gemeinsam mit der Sablatnig Flugzeugbau GmbH in Berlin konstruiertes Motorflugzeug im Sommer 1923 nach Frankenhausen. Der erste Flugbetrieb erfolgte auf den Wiesen westlich der Stadt.
Obwohl Dozenten und Studierende zum außergewöhnlich guten Ruf des Kyffhäuser-Technikums im In- und Ausland und damit zum Bekanntheitsgrad von Stadt und Kyffhäuserregion beitrugen, blieb das Verhältnis zur Bevölkerung gespannt. Dazu beigetragen hat wohl auch die hohe Anziehungskraft der Studierenden auf die weibliche Bevölkerung. Nicht wenige Mädchen zogen ein Leben an der Seite eines Ingenieurs mit beruflicher Zukunft einen einfachen, auf politischen Radau orientierten Knopfmacher, Gerber oder Landarbeiter vor.
Um ihre 40 Gefallenen vom Technikum zu ehren, erstrebten Dozenten und Besucher ein eigenes Denkmal, das jedoch erst nach 1932 im Hauptgebäude eingeweiht werden konnte.
Postkarte: Sammlung Regionalmuseum Bad Frankenhausen