Zinngießer und Kupferschmiede gehörten zu den zahlenmäßig kleineren Handwerken in Frankenhausen. Obwohl Produzenten von Gegenständen des täglichen Bedarfes, aber auch von Luxusgütern und Spielzeug, lassen sie sich recht spät im wirtschaftlichen Leben der Stadt nachweisen. Die erste aktenkundige Erwähnung eines Kupferschmiedes datiert aus dem Jahre 1637. Dagegen werden die Zinngießer erst im Jahre 1721 erwähnt. In diesem Jahre ersuchten die drei Zinngießermeister Johann Daniel Wechsung, Johann Christian Steinbach und Leopold Friedrich Schmidt die fürstliche Landesregierung in Rudolstadt um die Erteilung der Rechte und Pflichten einer eigenständigen Innung. Diese zeigte auch sofort reges Interesse an dem Anliegen der drei Meister, bedeutete doch ein solcher Zusammenschluss auch gleichzeitig Mehreinnahmen für das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt und die Stadt Frankenhausen.
Zinnkanne und 12 Zinnteller als Meisterprüfung
Alle drei Zinngießer hatten ihr Handwerk nicht in Frankenhausen gelernt, sondern in Halle/Saale, Halberstadt und Nordhausen. Nach einer Lehrzeit von 4 Jahren waren sie jeder 3 Jahre als Gesellen gewandert und hatten u.a. ihre Kenntnisse im Zinngießerzentrum Nürnberg vertieft. Ihre Meisterprüfung hatten sie in den zuvor genannten Städten abgelegt. Als Meisterstück war von ihnen die Herstellung einer Zinnkanne und von 12 Zinntellern verlangt worden. Danach ließen sie sich in Frankenhausen nieder, gehörten aber nach wie vor zu den Zinngießerinnungen der anderen Städte. Das war notwendig, um selbst Lehrjungen ausbilden und ihnen die Gesellenprüfung abnehmen zu dürfen.
Für die Lehrzeit und die Gesellenprüfung hatten die Eltern aufzukommen. Das Geld verblieb aber nicht allein bei dem ausbildenden Meister, sondern ging je zur Hälfte an die auswärtige Innung und die dortige Stadtkasse und war somit für die Frankenhäuser Kämmerei verloren. Allerdings war die Erlangung einer eigenen Innung nur dann vorteilhaft, wenn genügend Meister vorhanden waren. Ansonsten war der Aufwand für die Unterhaltung viel zu groß. Sank oder schwankte die Zahl der Meister zu sehr, verzichtete man auf eine eigene Innung oder suchte sich ein artverwandtes Handwerk für einen Zusammenschluss. Dazu zählten z.B. die Kupferschmiede. Das war dann auch in Frankenhausen der Fall. Nachdem die Zahl der Zinngießer auf 2 sank, verzichteten diese gänzlich auf die Bildung einer eigenen Innung.
Protektionismus á la 1774
Von den Kupferschmieden fehlen bis zum Jahre 1768 weitere Nachrichten. Erst für dieses Jahr erfahren wir aus den Stadtratsakten, dass 3 Kupferschmiedemeister ihrem Handwerk in der Stadt nachgingen. Diese hatten sich mit dem letzten verbliebenen Zinngießer verbunden und erhielten am 17.11. 1769 gemeinsam von der fürstlichen Landesregierung ein besonderes Privileg. Es handelte sich zwar nicht um die Rechte einer Innung, jedoch gestattete es nur ihnen die Herstellung und den Handel mit Kupfer-, Messing- und Zinnwaren. Dazu zählten bei den Kupferschmieden Töpfe, Kessel, Waschbecken oder Brau- und Siedepfannen; bei den Zinngießern Geschirr, Kaffeekannen, Bierhumpen oder kirchliche Geräte, wie Abendmahlskelche. Die Bestimmungen erstreckten sich auf die Ämter Frankenhausen (einschließlich Seehausen und Esperstedt) und Seega und die sogenannten Gerichtsdörfer Borxleben und Ichstedt (einschließlich Udersleben). Außer ihnen durfte sich hier kein anderer Meister niederlassen. Wer es dennoch versuchte, dem erging es schlecht. Noch dazu, wenn er ein Ausländer war. 1774 bekam dies ein Zinngießermeister aus der Nähe von Mailand zu spüren. Beschimpft als »italienischer Löffelgießer« wurde er aus der Stadt gejagt. Da half gegenüber dem Stadtrat auch nicht der Hinweis, dass die mittlerweile wieder 2 Zinngießer den Bedarf kaum decken konnten und er auch bereit wäre, den Bürgereid zu leisten.
Landesregierung schreitet erneut bei Zwistigkeiten ein
Aber auch selbst mit einer gestandenen einheimischen Innung, wie sie die Nadler unterhielten, wurde keine Auseinandersetzung gescheut. Wagten es doch diese mit Zinn zu handeln, welches sie für ihr wichtigstes Produkt, die Zinnknöpfe benötigten. Von ihrem sogenannten »Verbietungsrecht« Gebrauch machend, brachten sie den Zinnhandel der Nadler vor dem Stadtrat zur Anzeige und verlangten deren umgehende Bestrafung. Das hätte für die Nadler einen immensen wirtschaftlichen Einbruch bedeutet. Nur das schlichtende Eingreifen der Landesregierung konnte sie davor bewahren.
Während die Anzahl der Kupferschmiedemeister im 19.Jahrhundert konstant blieb, ging die der Zinngießer auf einen zurück. Die Ursachen lagen in der sinkenden Nachfrage nach Zinngeschirr, Kaffeekannen und Schüsseln. Diese Gebrauchsgegenstände wurden zunehmend durch die immer erschwinglicher werdenden Porzellan- und Steingutprodukte ersetzt. 1857 gab die Witwe des letzten Zinngießermeisters Zeitfuchs die Konzessionserlaubnis ihres verstorbenen Mannes mit dem Bemerken zurück, dass sich die Fortsetzung des Handwerkes nicht mehr rentiere.
Um dem Kupferschmiedehandwerk nicht die Nahrungsgrundlage zu nehmen, achteten die staatlichen Behörden darauf, dass die Anzahl von 3 Meistern nicht überschritten wurde. Wurde die Werkstätte eines Meisters nicht mehr weiterbetrieben, konnte sie durch einen neuen Kupferschmied käuflich erworben werden, sobald er die Erlaubnis zu deren Betreibung (die sogenannte Konzessionierung) erhalten hatte. Er hatte dann jedes Jahr den Konzessionszins, der 1 bis mehrere Thaler betragen konnte, zu entrichten. Der Einkauf in eine solche Werkstatt konnte beträchtliche Summen erfordern. 1830 erwarb der Sohn des Frankenhäuser Ratskämmerers Christian Ludwig Braune, Kupferschmiedemeister Julius Albert Braune, die Kupferschmiede des verstorbenen Meisters Struve in der Schmiedegasse (heutige Erfurter-Straße) für die stattliche Summe von 1150 Thalern.
Er selbst hatte sein Handwerk in Kelbra, deren Meister seit 1819 zur Sangerhäuser Innung gehörten, zünftig 4 Jahre gelernt. Zehn Jahre später, 1840, kaufte er ein weiteres Grundstück vor dem Erfurter Tore (Stadttor) für 415 Thaler dazu und baute sein Geschäft aus. Seinem der Stadt hinterlassenen schriftlichen geschäftlichen Nachlass verdanken wir die gute Kenntnis des heimischen Kupferschmiedehandwerkes. Zu seinen Spezialitäten gehörten Kochöfen, Ofenplatten und Braupfannen. 1834 fertigte er eine neue kupferne Braupfanne für die Gemeinde Esperstedt. Aber auch einen Teil der Neuausstattung des Schlosses der Barone von Rüxleben in Rottleben übernahm seine Werkstatt. Im Mai 1835 erhielten er und die beiden anderen Meister, Gottfried Prinz und Theodor Jahr, den Auftrag, den nach dem Stadtbrand von 1833 gerade wiedererrichteten Rathausturm mit Kupfer einzudecken. Nach Auszahlung der beiden anderen Kupferschmiede führte er den Auftrag alleine aus.
Fürst Friedrich Günther kommt Bitte um Konzession nach
Die Spezialisierung der drei Kupferschmiede auf nur wenige Produkte hatte aber auch Nachteile. Darüber berichtete der Betreiber der Zuckerfabrik in der Klosterstraße, Kaufmann Hornung, 1851 folgendes:
Die Profession des Kupferschmiedehandwerkes hätte sich den letzten Jahren enorm gewandelt. Keiner der drei Meister war in der Lage, die Ausstattung seiner Zuckerfabrik mit den dazu notwendigen modernen Apparaten, von denen viele aus Kupfer gefertigt wurden, zu übernehmen. Alle Aufträge mussten im Ausland (andere deutsche Bundesstaaten) ausgeführt werden. Daher hatte er einen Frankenhäuser Kupferschmiedegesellen namens Seidenbusch in eine modern eingerichtete Fabrik bei Magdeburg geschickt, um die neuartigen Herstellungsmethoden zu erlernen. Nachdem dieser zurückgekehrt war, bittet er die Landesregierung um die Erteilung einer vierten Konzession für eine Kupferschmiede für Seidenbusch. Noch im selben Jahr erteilte der auf die weitere Industrialisierung seines Landes bedachte Fürst Friedrich Günther von Schwarzburg-Rudolstadt eine neue Konzession. Den Unternehmungen Seidenbusch’s waren jedoch keine bleibenden Erfolge vergönnt.
Trotz der Bemühungen des umsichtigen Kaufmanns Hornung blieb der handwerkliche Charakter des Kupferschmiedehandwerkes in Frankenhausen bis zum Schluss erhalten. Erst nach der Jahrhundertwende nahm die Zahl der Werkstätten schnell ab. 1880 waren es noch 4, 1899 3 und 1906 nur noch eine Werkstatt. Diese gehörte dem Kupferschmiedemeister Hermann Prinz und befand sich im Haus Quergasse 6 (heute Wohnhaus Familie Peter Wenk). Älteren Frankenhäusern wird das ehemalige Geschäft noch als Kramladen der »Muhme Prinzen« bekannt sein, der noch in den 30er Jahren bestanden hatte. Nach dem Tode ihres Mannes hatte das handwerklich ausgerichtete und zünftig gelernte Kupferschmiedehandwerk keine Fortsetzung gefunden.
Ulrich Hahnemann
Literatur- und Quellenangaben:
Stadtarchiv Bad Frankenhausen: Aktenbestand „Handwerk, Handel, Gewerbe“ - Akten-Nr.: 1/X - 19, 20, 21 und 270.
Adress- und Geschäftshandbücher (Frankenhausen): 1899, 1906 und 1910.
Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Bestand Ministerium Rudolstadt, Abteilung Inneres, Akten-Nr.: 518, 394, 4529 und 4533 (Zinngießer und Kupferschmiede betreffend 1721 bis 1857).