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Landgraf & Sohn

Mühlenbauanstalt Landgraf & Sohn

Zur Mühlengeschichte der Stadt Bad Frankenhausen gehört auch eine Firma, die sich mit der Herstellung von Mühlenausrüstungen befasste. Das Firmengelände befand sich in der heutigen Kyffhäuserstraße, gegenüber der Bachmühle, womit mein kleiner Mühlenrundgang wieder am Ausgangspunkt angelangt ist.

Die Firma nannte sich Mühlenbauanstalt Landgraf & Sohn. Begründet wurde sie von Johann Andreas Julius Landgraf 1853 in Günserode. 1875 siedelte er sich in Frankenhausen an und 1880 trug er die Firma gemeinsam mit seinem Sohn Karl Gottlob Bernhard ins Handelsregister ein. Julius Landgraf muss ein tüchtiger und angesehener Mann gewesen sein, denn bereits 1881 wurde er in den Stadtrat von Frankenhausen gewählt. Drei Jahre darauf kandidiert er sogar für den Landtag von Schwarzburg-Rudolstadt.

Wirtschaftlich entwickelte sich das Unternehmen sehr erfolgreich, wozu auch ein Erster Preis bei der Landesgewerbe-Ausstellung in Rudolstadt beitrug. Im Jahre 1892 erweiterte man den Betrieb um ein Dampfsägewerk und eine Holzfabrik. Im gleichen Jahr kandidiert sein Sohn Bernhard für den Stadtrat, da die Amtszeit seines Vaters ausläuft. 1894 stirbt der Firmengründer Julius Landgraf im Alter von 70 Jahren. Auch unter der nunmehr alleinigen Leitung seines Sohnes wird weiter expandiert und das renommierte Zimmerei-Geschäft von Albert Weißgerber übernommen.

1920 trat in der dritten Generation Dipl.-Ing. Kurt Landgraf in den Familienbetrieb ein, den er nunmehr gemeinsam mit seinen zwei Brüdern Walther und Otto leitete.

Ursprünglich baute die Firma Landgraf & Sohn Mahlgänge, Wasserräder und einfache Mühlenausrüstungen. Als zum Ende des 19. Jahrhunderts die technische Entwicklung der Getreideverarbeitung große Umgestaltungen mit sich brachte, griff man diese Neuerungen auf und produzierte u. a. Walzenstühle, Reinigungsmaschinen, Plansichter. Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Mühlen sich von ihren Wasserrädern trennten und an deren Stelle Turbinen einbauten, erhielt auch die Firma aus Frankenhausen zahlreiche Aufträge.

1906 lieferte sie 2 Francis-Turbinen für das neu gegründete Elektrizitätswerk an der Mühle Bretleben, 1907 wurde der gleiche Turbinentyp in die Papiermühle Seega eingebaut. Außerdem wurden auch ganze Mühlenanlagen umgebaut oder neu projektiert, wie z.B. 1901 die hiesige Marktmühle, 1896 die Kreuzmühle Schmalkalden, 1906 die Ölmühle Filss in Erfurt, 1912 die Valentinsmühle bei Weida. Dafür gab es ein eigenes Konstruktionsbüro.

Zudem fungierte Landgraf & Sohn für die Motorenfabrik Darmstadt als Agentur für den Thüringer Raum. So besaß also die Firma mehrere Standbeine und beschäftigte entsprechend den oben genannten Betätigungsfeldern Arbeiter verschiedener Berufsgruppen. In den 1930er Jahren allerdings brachte die allgemeine Wirtschaftskrise auch den Frankenhäuser Betrieb in Schwierigkeiten und führte zu Entlassungen und zeitweiliger Produktionsverlagerung.

Zum Renner entwickelte sich die von dem Ingenieur Georg Eisgruber erfundene Ausmahlmaschine, worauf die Firma zahlreiche Patente besaß. Diese besaß zwei waagerechte Druckwalzen und darunter zwei senkrecht stehende Mahlsteine. Eingesetzt wurde sie zum Ausmahlen von Grießen, Dunsten und Kleie und meist stand sie am Ende des Vermahlungsprozesses. Produziert wurde sie unter dem Namen »Fanal« in einfacher und doppelter Ausführung. Aus ganz Deutschland spendeten Müller und Mühlenbesitzer Lob und Anerkennung für die Fanal. Aus der Mühle Tannheim bei Villingen/ Baden schreibt Alois Blessing am 30.Oktober 1934 folgendes:

Die Fanal Größe 1 iſt bei mir nunmehr ſeit ca. 6 Monaten im Betrieb und kann Ihnen die erfreulie Mitteilung maen, da i mit der Maine ſehr zufrieden bin. Die Mehle nd he, loer und ſehr bafähig. Der Kraverbrau iſt ſehr gering. Dieſe Maine kann i jeder Klein- und Mielmühle nur beſtens empfehlen.

Trotz dieses Erfolgs und zahlreicher Aufträge wirkte sich der Beginn des Zweiten Weltkrieges gleichfalls negativ auf das Unternehmen aus. Zahlreiche Mitarbeiter wurden einberufen und der Betrieb musste Zubehör für die Rüstungsindustrie liefern. Nach einem kurzzeitigen Produktionsstop wurde unmittelbar nach Kriegsende das Fertigungsprogramm wieder auf Müllereimaschinen umgestellt und 1946 beschäftigte man bereits wieder 61 Arbeiter.

Nach Gründung der DDR wurde der Betrieb in Volkseigentum überführt und in VEB Fanal umbenannt. In den 1970er Jahren wurde er in das Kombinat Kyffhäuserhütte Artern eingegliedert und mit Mühlenbau hatte man nun kaum noch etwas zu tun.

Leider wurden nach Abwicklung des Betriebes bzw. Kombinates im Jahre 1990 die meisten Unterlagen vernichtet. Doch in manchen Mühlen kann man noch heute Erzeugnisse aus der Mühlenbauanstalt Landgraf & Sohn finden und besichtigen. Deshalb zum Schluss einige Anregungen für einen Mühlenbesuch:

  • Steinfahrtsmühle Greußen (Ziegenhof Peter)
  • Stadtmühle Allstedt
  • Wassermühle Ritzgerode (nördlich von Sangerhausen)
  • Claudermühle Denstedt (östlich von Weimar, die Mühle ist noch in Betrieb).

Autor: Steffen Rödiger

Quellennachweis

Unter Verwendung von:

Akten aus dem Stadtarchiv Bad Frankenhausen,
Thüringer Staatsarchiv Rudolstadt,
Artikeln des Frankenhäuser Intelligenzblattes,
Eintragungen der Kirchenbücher sowie
persönlichen Angaben von Gertrud und Heinz Haake

 

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