Die Schrot- und Schneidemühle der Pfännerschaft
Die Solkunst, auch Gradierwerk genannt, war in längst vergangener Zeit das Herzstück der Pfännerschaft. Wegen der damit verbundenen Wassernutzung aus der Kleinen Wipper gab es ständig Auseinandersetzungen mit den städtischen Müllern und Mühlenbesitzern, die in zahlreichen Akten belegt sind. Dass die Pfännerschaft außerdem selbst als Mühlenbesitzer und – betreiber auftrat, war für mich eine neue Erkenntnis.
Wann wurde die oben erwähnte Mühle errichtet und wo müssen wir sie suchen?
Frankenhäuser Mühlen
Als erstes wurde um das Jahr 1747 eine Schneidemühle angelegt. Oberhalb dieser wollte die Pfännerschaft 10 Jahre später noch eine Schrotmühle errichten. Sehr wahrscheinlich war das kein weiteres Mühlengebäude, sondern nur ein zusätzlicher Schrotgang, der vermutlich von einem zweiten Wasserrad angetrieben wurde.
Besonders interessant ist die Vorgeschichte dieser Schrotmühle. Dazu muss ich den Bogen etwas weiter spannen.
Pfännerschaft ersucht Schwarzburger Fürsten
Im Jahre 1737 erbaute ein Herr Johann Heinrich Wäsche eine neue Mühle am Solgraben unter den Ratsteichen. Sie sollte insbesondere den Einwohnern von Seehausen dienen, war jedoch allen übrigen Mühlenbesitzern und insbesondere auch der Pfännerschaft ein Dorn im Auge. So ist es nicht verwunderlich, dass Herr Wäsche aufgrund fortwährender Querelen bereits nach knapp 20 Jahren die Mühle aufgeben muss. Seine Erben bieten sie zum Kauf an und die Pfännerschaft macht ein Angebot über 450 Meißnische Gulden. Allerdings gilt das Interesse der Pfännerschaft eigentlich nur der Mühlenkonzession von Wäsche, welche sie sich auf den ihr gehörenden Grund und Boden übertragen lässt. Das Mühlengebäude selbst wird abgerissen.
Nun bittet die Pfännerschaft den Fürsten von Schwarzburg um Erlassung des Erbzinses und aller auf der (Wäsche-)Mühle haftenden Abgaben, bekommt solches genehmigt – und hat damit mindesten drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Fürst Johann Friedrich verknüpft seine Genehmigung der Schrotmühle mit der ausdrücklichen Bedingung, dass damit keinerlei Mühlenzwang verbunden ist und dem Solbrunnen daraus kein Schaden erwächst.
Schaden befürchten jedoch andere von der Schrotmühle, namentlich die Besitzer der Markt- und Rosenmühle, die eine Reihe von Einwänden vorbringen. Doch diese werden allesamt abgewiesen und die Schrotmühle geht Ende 1757 in Betrieb.
Sperrung des Abzweigs durch die Pfännerschaft
Es kam, wie es kommen musste, zu mehreren Streitfällen betreffs der Wassernutzung. Am heftigsten war die Auseinandersetzung im Jahre 1789, als der Wasserlauf der Kleinen Wipper durch einen Einsturz am Hanfenberg (siehe Karte) beschädigt worden war. Die Pfännerschaft ließ kurzerhand den Abzweig zur Rosen- und Marktmühle sperren und beanspruchte das wenige, noch vorhandene Wasser gänzlich für sich. Der Protest der beiden Müller war zwar dem Papier nach erfolgreich, ob das in der Realität auch so war, darüber schweigen die Akten.
In einem Streitfall einige Jahre später waren die Rollen vertauscht. Diesmal protestierte die Fürstliche Regierung gegen die Pfännerschaft. Letztere hatte ihre Schrotmühle in eine Mahlmühle umgewandelt, und das ohne Erlaubnis. Anfangs durften nur die Mitglieder der Pfännerschaft diese Mühle nutzen, in welcher ein geringerer Mahllohn als in den beiden Stadtmühlen verlangt wurde. Später gestattete man die Nutzung auch anderen Bürgern. Die fehlende Konzession für die Mahlmühle war jedoch der geringere Grund des Streites.
Weit mehr fürchtete das Fürstenhaus als Besitzer der Solquellen eine geringere Ausbeute ihres profitablen Betriebes durch die Mahlmühle. Jedoch hatte die Pfännerschaft den Pumpmechanismus für das Gradierwerk schlauerweise an das gleiche Wasserrad wie ihre zwei Mühlen gehängt, so dass beide gleichzeitig betrieben werden konnten.
Im Dezember 1875 heißt es in einem Zeitungsartikel:
Die Pfännera ahier beabtigt, die jeige, ihr gehörige Srot- und Sneidemühle zu beſeitigen und ein neues Gebäude zu den gedaten Zween aufzuführen, in welem 2 Srotgänge und eine Sneidemühleneinritung mit 2 Horizontalgaern und einer Zirkelſäge Pla finden ſoen. Sta des jeigen Waerrades ſo eine Turbine als Motor zur Verwendung kommen.
Wieder gibt es Einwände, diesmal seitens des Stadtrates, und vermutlich zog sich das Vorhaben dadurch über einige Jahre hin. Doch 1886 wird die Eröffnung der neuen Mühle bekannt gegeben. Bereits ein Jahr später gibt es wiederum Streit ums Wasser. Aus den damaligen Werten kann man sich noch heute ein gutes Bild machen. Eine Messung ergab folgende Verteilung der durchfließenden Wassermenge (pro Sekunde):
Pfännerschaft | 407 Liter |
Ölmüllerloch (zur Grabenmühle) |
155 Liter |
Stadtleitung (zur Rosen- und Marktmühle) |
109 Liter |
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Mühle im Wechselbetrieb als Schrotmühle und Kreissäge betrieben. Danach verlieren sich die Nachrichten über diese Einrichtung. Deshalb soll am Schluss endlich die Frage nach dem Standort beantwortet werden. Sie befand sich auf dem Gelände des Solefreibades, in dem Gebäude nördlich des Beckens, wo sich einstmals die Diensträume des Bademeisters befanden. Auf dem Foto (oben) kann man links noch einen Teil des Gebäudes mit dem Anbau der Schneidemühle erkennen.
Autor: Steffen Rödiger
Quellennachweis
Unter Verwendung von:
Akten aus dem Stadtarchiv Bad Frankenhausen,
Thüringer Staatsarchiv Rudolstadt,
Artikeln des Frankenhäuser Intelligenzblattes,
Eintragungen der Kirchenbücher sowie
persönlichen Angaben von Gertrud und Heinz Haake
Foto: Regionalmuseum