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Marktmühle

Von diesem Mühlenbetrieb ist heute im Stadtbild nichts mehr zu entdecken, außer einem verwaisten Mühlstein zwischen einigen Bäumen am Untergelgen.

Einst befand sich die Mühle am Ende der Mühlgasse und somit auch außerhalb des Stadtmauerrings. Ihr Wasser erhielt sie vom gleichen Abzweig der Kleinen Wipper, welcher zuvor bereits die Rosenmühle versorgte. Dieser Wasserlauf führte bis 1905 als offener Kanal über den Anger, durch die Kräme und an der nördlichen Seite des Marktplatzes entlang. Er durchquerte das Grundstück Markt 3 (ehemals Deutsches Haus; heute Schuhgeschäft) und fiel anschließend auf die oberschlächtigen Wasserräder der Marktmühle.

Frankenhäuser Mühlen

In der Stadtmauer muss sich ein entsprechend großer Durchlass für das Wasser befunden haben. Wann die Mühle erbaut wurde, weiß man nicht. In den Akten taucht sie zuerst 1558 auf als sie gemeinsam mit der Rosenmühle aus dem Besitz der Grafen von Schwarzburg in städtisches Eigentum überging. Es muss jedoch angenommen werden, dass die Marktmühle bedeutend älter ist. Manchmal wurde sie auch als Untermühle bezeichnet, wobei die Rosenmühle als Obermühle genannt wurde. Überhaupt verbindet beide Mühlen über einen sehr langen Zeitraum ein gemeinsames Schicksal. Als Besitztümer des Stadtrates wurden sie auf 1 oder 3 Jahre verpachtet. Für die jeweiligen Müller war das eine kurze Zeitspanne, um die geforderten Pachtgelder und Getreidezinsen zu erwirtschaften.

Als erster Müller ist 1610 Hans Robeler überliefert. Im gleichen Jahr hatte sich die Stadt bei einem Herrn namens Caspar Bohne aus Saalfeld die stattliche Summe von 5000 Gulden geborgt und ihm die Markt- und die Rosenmühle zur Verfügung und Nutzung überlassen. Dieses Geschäft sollte noch viel Ärger bereiten und den Schreibern und Anwälten beider Seiten reichlich zu tun geben.

Aber auch die Müller hatten zur damaligen Zeit viel Arbeit. Zusätzlich zu ihren Tätigkeiten in der Mühle waren sie laut Feuerverordnung verpflichtet, bei Brandgefahr bzw. Ausbruch eines Feuers alle Arbeit sofort liegenzulassen und bei der Brandbekämpfung zu helfen. Weiterhin mussten sie ihre Schütze zusetzen, damit ein Anstau erreicht wurde und zusätzliches Löschwasser zur Verfügung stand. Während der Zeit des 30jährigen Krieges hatten die Müller besonders zu leiden. Die Brüder Christian und Elias Biltzing beschwerten sich über den höher gesetzten Mühlzins,

...weil die Dörfer faſt wüſt und leer ſtehen, die Stadt au leider ein ziemlies an Menen und Vieh abgenommen, daher au viel weniger gemahlen und verdienet werden kann.

Ähnliches berichtet 1630 Andreas Thomas:

…i aber wegen des Krieges retens darbe, zum Teil abgehalten, au in den benannten Jahren 2 Räder abgefaen und i dieſe auf meine Koſten neu maen laen, daher i meine jährlie Patgelder nit entriten können…

Unregelmäßigkeiten und Verunreinigungen

Weil die Stadt Frankenhausen die geborgte Geldsumme nicht zurückzahlen kann, verkaufen 1656 die Erben von Caspar Bohne die Markt- und Rosenmühle an den Hofrat Laurentius von Henning in Rudolstadt. Seine Erben wiederum protestieren 1718, weil der Rat die Müller mit zur Nachtwache verpflichten will, und 1722 wegen erhöhter Steuern auf ihren Mühlen. 1725 ist Hans Caspar Gräfe Müller in der Marktmühle. Im selben Jahr beschweren sich die Weißbäcker der Stadt wegen verschiedener Gebrechen in den beiden Stadtmühlen, z.B. dass das Mahlgut anderer Leute häufig vor dem der Bäcker gemahlen wird, und dass sie anstatt reinem Weizenmehl oft mit Gerste verunreinigtes zurückerhalten. Beide Stadtmüller weisen zwar die Anschuldigungen zurück, jedoch wird einige Zeit später eine Verordnung zur Abstellung der Mängel in den Mühlen erlassen, so dass man annehmen kann, dass obenerwähnte Unregelmäßigkeiten durchaus regelmäßig vorkamen.

1775 wurde dem Marktmüller Johann Friedrich Landgraf gestattet eine Ölmühle anzulegen, weil der Bedarf der Stadtbewohner in der Grabenmühle nicht befriedigt werden kann, und die Menschen gezwungen sind, weite Wege bis nach Artern oder Bilzingsleben zu gehen, um dort ihre Ölfrüchte schlagen zu lassen. Landgraf war bereits seit 1767 in der Mühle tätig und hatte sie einige Jahre darauf von den Henningschen Erben gekauft. Er betreibt nun in seiner Mühle entweder zwei Mahlgänge, oder einen Mahlgang plus den neuen Ölgang.

Pfännerschaft beharrte auf gesamtes Wasser

Im Jahre 1789 kommt es zu einem Streit mit der Pfännerschaft. Wie so oft, dreht sich dieser um die Rechte zur Wassernutzung. Damals war am Hanfenberg (zwischen Göllingen und Bendeleben) die Kleine Wipper arg beschädigt worden und es gelangte nur wenig Wasser nach Frankenhausen. Die Pfännerschaft beanspruchte nun das gesamte Wasser für ihre Saline bzw. ihre daneben befindliche Schrot- und Schneidemühle, und sperrte kurzerhand den Abzweig, der Rosen- und Marktmühle versorgte. Zwar wird durch die Fürstliche Regierung angewiesen, den Stadtmühlen das überschüssige Wasser zu gewähren, doch ob dieser Forderung entsprochen wurde, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen.

Nachgewiesen ist aber, dass die Familie Landgraf noch über zwei weitere Generationen die Geschäfte der Marktmühle führte. 1829 erwirbt sie Johann Martin Runckwitz. Vier Jahre später wird bei einem großen Stadtbrand auch die Mühle vollständig vernichtet, allerdings sofort wieder aufgebaut. Johann Wilhelm Probst, der nachfolgende Besitzer, rüstet sie nicht nur technisch auf den neuesten Stand auf, sondern erweitert sie auch auf insgesamt 5 Gänge.

Für die Verhältnisse jener Zeit war die Mühle nun recht groß und benötigte außer dem Müller weitere Arbeitskräfte. So finden wir 1883 im Frankenhäuser Intelligenzblatt Anzeigen des Marktmüllers für einen Lehrburschen und einen ordentlichen Mann, der das Mahlgut mit dem Pferdefuhrwerk an die Kunden ausliefert. Der Gewinn aus dem Mühlenunternehmen war vermutlich aber doch nicht ausreichend, denn bereits ein Jahr später wird die Marktmühle abermals verkauft. Ernst Gustav Lelm heißt der neue Eigentümer. Er muss sich in der Folgezeit wiederum mit der Pfännerschaft bezüglich der Wassernutzung auseinandersetzen. Seinem Sohn und Nachfolger war nur eine kurze Zeit in der Mühle beschieden, denn er stirbt 1914 im Ersten Weltkrieg.

1939 übernimmt Familie Steinacker die Mühle, sie wird die letzte in der langen Reihe der Mühlenbetreiber. Otto Steinacker senior ist bis 1958 tätig. Sein Sohn gleichen Namens schult nach dem Zweiten Weltkrieg zum Müller um, erwirbt 1955 seinen Meisterbrief, um den väterlichen Betrieb fortzuführen. Doch schon zum Jahresende 1960 muss er das Gewerbe aufgeben. In seinem letzten Schreiben an den Rat der Stadt begründet er seinen Entschluss:

Dur die Feſtſeung der Auslaſtung auf 40% der Kapazität und den Fortfa der Srotherſteung dur den Zuſammenlu der bäuerlien Betriebe zu LPG'en und deren Verſorgung dur Fuermielmibetriebe iſt meinem Betrieb die Exiſtenzgrundlage entzogen worden.

Ein Schicksal, dass der Besitzer mit vielen anderen Mühlenbetrieben jener Zeit teilt. In den 1970er Jahren wird das gesamte Anwesen der Marktmühle abgerissen. Vielleicht tragen meine Zeilen dazu bei, die Erinnerung an einen ehemals wichtigen Versorgungsbetriebes der Stadt zu erhalten.

Autor: Steffen Rödiger

Quellennachweis

Unter Verwendung von:

Akten aus dem Stadtarchiv Bad Frankenhausen,
Thüringer Staatsarchiv Rudolstadt,
Artikeln des Frankenhäuser Intelligenzblattes,
Eintragungen der Kirchenbücher sowie
persönlichen Angaben von Gertrud und Heinz Haake

 

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