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Strafgericht

Das Strafgericht der Fürsten nach der Schlacht bei Frankenhausen

Artur Klatt

Der hier eingestellte Artikel stammt aus der Heftenreihe des Regionalmuseums Bad Frankenhausen »Historische Beiträge zur Kyffhäuserlandschaft Heft  Nr. 5«. Die hier vorgenommenen Hervorhebungen dienen einzig und allein der besseren Lesbarkeit und stellen keinerlei Wertungen des Beitrags oder des Autors in irgendeiner Form dar.

 

Der unglückliche Ausgang der Schlacht von Frankenhausen leitete eine Epoche unsäglicher Not und Leiden unter der wehrlosen Bevölkerung in Städten und Dörfern der näheren und weiteren Umgebung ein. Am stärksten waren die Einwohner der Stadt Frankenhausen selbst betroffen.

Fast die Hälfte der männlichen Bevölkerung war in der Schlacht gefallen, ermordet oder geflohen. In einem für ein Strafregister aufgestellten Verzeichnis des Besitzes der Bürger der Stadt erfahren wir, dass von den 346 Hausbesitzern 104 in der Schlacht fielen. Wer nicht auf dem Fluchtwege bereits vor der Stadt umgekommen war, fand den Tod in der Stadt. Wenigen gelang es, sich durch ein Lösegeld freizukaufen. Jacob von Taubenheim, Rat des Landgrafen Philipp von Hessen, hatte den Bürger Simon Monich gefangengenommen und verlangte ein Lösegeld von 600 Gulden von ihm. Auch der hessische Hauptmann Heß hatte einen gefangenen Bürger mit nach Marburg genommen, wo er ihn gegen ein Lösegeld frei ließ. Es wird aber auch berichtet, dass viele, die gefangen waren und sich für ein Lösegeld freigekauft hatten, wieder gefangen und ermordet wurden.

Ein zeitgenössischer Chronist, Wigand Lautze 1, berichtete: »So krochen auch etliche auff henden und fußen aus den hauffen der erschlagenen herfur, der viel hart verwundt vnd etliche etwan zehen und mehr wunden hatten, welcher dennocht noch viel beym leben erhalten worden, etliche worden wol zwej mael gefangen, geschätzt vnd endtlich vmbbrocht.« Ein Reisiger von Adel versprach einigen Frankenhäuser Frauen, ihre gefangenen Männer freizulassen, wenn sie einen gefangenen Priester der Aufständischen töteten. Darauf schlugen die Weiber den Priester mit Knütteln tot.

Diese Tat wurde von den Fürsten zwar nicht gebilligt, aber ihre Bemühungen, den Adligen zu ermitteln, blieben ohne Erfolg. Die Verwandten des Priesters verlangten später Entschädigung von der Stadt Frankenhausen. Das Morden hatte selbst vor Kirchen und Kloster nicht haltgemach. Der genannte Lautze schrieb: »Die im Jung-frauwenkloster worden auch alle erstochen vnd in der kirchen gemetziget.« Nach seinem Bericht wurden dann am 16. Mai »die erschlagenen alle auff wagen auhs der Stadt gefurt und begraben«. Ihre Gräber sind unbekannt bis auf einige auf dem jetzigen August-Bebel-Platz. Trinius 2 berichtet, dass sie Anfang des 19. Jahrhunderts noch zu sehen waren.

Als die Fürsten in die Stadt einritten, befahlen sie bei Todesstrafe, mit dem Blutbad aufzuhören. Trotzdem wurden am 16. nochmals 300-600 Aufständische (die Angaben gehen auseinander) mit der Fürsten Einwilligung vor dem Rathaus enthauptet. Ebenso befanden sich zwei Frankenhäuser Bürger, Simon Hoffmann und der Siechenprediger Gangolf, unter den in Heldrungen Hingerichteten.

Über alle Dörfer wurden Geldstrafen verhängt, gleichviel, ob sie am Aufstande teilgenommen hatten oder, was selten vorgekommen war, daran nicht beteiligt waren. Noch im Lager vor Mühlhausen beschlossen die Fürsten, den Bauern alle Waffen abzunehmen. Kein Bauer sollte mehr als Brotmesser, eine Holzaxt und ein Pflugbeil besitzen. Falls Waffen bei ihnen gefunden wurden, bestrafte man sie hart. Die Frauen in den Ortschaften wurden aufgefordert, ihre flüchtigen Männer zurückzufordern. Falls sie nicht in vier Tagen zurückkämen, sollten ihre Häuser abgebrannt, ihr Besitz, insbesondere ihre Äcker, der gehorsamen Gemeinde gegeben werden.

Herzog Georg von Sachsen, der in Frankenhausen mit seinen Truppen an der Niederschlagung des Aufstandes teilgenommen hatte und der Oberlehnsherr der Grafen von Schwarzburg, Stolberg, Honstein und Mansfeld und damit Landesherr des größten Teiles unserer Heimat war, verordnete für seine Aufstandsgebiete in Thüringen, dass zunächst jedem Orte die Empörung warnend vorgehalten werden sollte. Außerdem wurden folgende Bestimmungen erlassen:

  1. Alles widerrechtlich fortgenommene Plünderungsgut war zurückzugeben oder eine Entschädigung zu zahlen.
  2. Die Urheber des Aufruhrs waren mit Namen anzuzeigen.
  3. Von jedem Haus mussten 10 Gulden Strafe gegeben werden, gleichgültig, ob jemand aus dem Hause am Aufstande teilgenommen hatte oder nicht, und zwar die Hälfte der Summe auf Trinitatis, Petri-Pauli und auf Jacobi aufgeteilt, die andere Hälfte war am Martinstag des folgenden Jahres 1526 fällig. Aufzubringen war die Summe nach Vermögen der Personen und Güter so, dass der Arme nicht mit dem Reichen gleich gab, dass aber die nach der Gesamtzahl der Häuser errechnete Summe erreicht wurde. Um die Härte der Geldstrafe für die fast besitzlosen Bauern zu ermessen, sei bemerkt, dass damals ein Zuchteber vier Gulden, ein Zuchtochse acht Gulden und ein Pferd 20 Gulden kostete.
  4. Die Güter der Anstifter des Aufruhrs mussten verkauft werden. Die Hälfte des Erlöses sollte den Weibern und Kindern zufallen, die andere Hälfte wurde zur Tilgung der auferlegten Geldstrafe verwandt.
  5. In den Kirchen mussten wieder die Gottesdienste nach alter katholischer Art gehalten werden. Weggelaufene Mönche oder Priester, die geheiratet hatten oder ihre Tonsuren hatten verwachsen lassen, wurden nicht mehr geduldet.

Wie sehr die Angst vor dem Bauernaufstande auch trotz der vernichtenden Niederlage von Frankenhausen bei den Herrschenden noch fortwirkte, zeigt der Bericht der verordneten Räte vom 27. Juni 1525 an ihren Herzog Georg von Sachsen. Sie empfehlen darin, ständig ein gerüstetes Söldnerheer zu unterhalten, da der Bauersmann in seinem Herzen so vergiftet und erbost sei, dass man ihn trotz aller Abschreckung nicht vom Ungehorsam und gefasster Bosheit abkehren könne. Es werde auch zukünftig die hohe Notdurft erheischen, sie mit Brand anzugreifen. Die Kosten des Söldnerheeres wurden zur Strafe auf das Landvolk umgelegt, und zwar sollten je Hufe fünf Groschen gezahlt werden. Die vom Adel, die trotz der im Aufstände wiederholten Aufrufe des Herzogs, gerüstet zu seinem Herre zu kommen, nicht gefolgt waren und sich lieber auf feste Burgen wie den Wendelstein und das Wasserschloss in Heldrungen in Sicherheit gebracht hatten, sollten eindringlich zu ihrer Kriegsdienstpflicht angehalten werden. - Der Vorschlag der Räte ist dann aber nicht durchgeführt worden.

Aus einem Aktenstück im Staatsarchiv in Dresden mit dem Titel »Register der Composicion vnnd Straff vonn wegen der aufruhr vnd empörung eingenommen XXV« geht hervor, welche Strafgelder in den einzelnen Dörfern während der ersten Hälfte des Jahres 1525 eingenommen wurden. Da, wie gesagt, jedes Haus 10 Gulden zahlen sollte, ergibt sich aus dem Einnahmeregister auch, für uns sehr aufschlussreich, die Größe der Dörfer in jener Zeit. Die Aufstellung im Register erfolgte nach Ämtern. Wir geben nachstehend die Aufzeichnungen für die Dörfer des Herrschaftsbereiches Herzog Georgs in unserer Heimat wieder 3.

Dorf Memleben: 50 besessene Mann, 240 fl. (Gulden). Gehn 2 Mann ab, nämlich Volkmar Kroll und noch einer, die zu Leipzig gefangen unter der Küche sitzen, ist hernach Volkmar Kroll gerichtet worden.

Dörfer, ins Amt Sachsenburg gehörend:

Oldisleben: 82 besessene Mann, Anfänger Hans Spiegel und Hans Zabel, die sind zum Haufen gezogen. Sonst entschuldigen sie sich. 400 fl. (Gulden). Fehlen 10 fl. Bilzingsleben (Bulzingslebcn): 80 Mann. Anfänger die entwichenen Wendel Schweinehirt, Bastian ein Schneider, Jacob Pfefferkorn und Barthel Kannewerf. 400 fl.

Kannawurf (Kannewerf): 86 besessene Mann, Anfänger ein Vogtländer, hat sich bei 6 Wochen da enthalten und ist zuletzt davon gegangen. Bei 15 Mann aus ihrem Dorfe sind mit im Kloster Oldisleben zur Plünderung gewesen. Gehn 3 Personen ab.

Gorsleben (Gorschleben): 73 besessene Mann, Anheber: Hans Küchler, ist ein Hausgenoß Entschuldigen sich. 365 fl.

Etzleben: 26 Mann. Entschuldigen sich. 130 fl.

Büchel (Buchelde): 37 Mann, entschuldigen sich. 185 fl. Der Amtmann (von Sachsenburg) hat nachfolgend von denselben seines Amtes Dorfschaften zu einer Zubuße überartwortet. 71 fl. Es sind aber gleichwohl 5 Personen abgerechnet, macht der halbe Teil der Summe 2000 fl., die sie gegeben haben.

Herrn Hansen von Werthern Leute (auszugsweise):

Wiehe: 66 besessene Mann. Haben zum Teil auch in Aufruhr gestanden, wiewohl sie sich entschuldigen wollen. 315 fl., gehn 3 Mann ab. Wiehe lieferte 6 Faß Naumburgisch Bier und 6 Faß Wein ungefährlich gen Heldrungen, was ihnen an der Strafe gut getan wird.
Das Dorf vor der Stadt Wiehe: 45 besessene Mann. Sie zeigen an, wie das Gerücht aus der Stadt gekommen wäre, daß sie mit der Wehre in die Stadt fliehen sollen. Wer aber das Gerücht gemacht habe, können sie nicht wissen, doch sind ihrer zween, welche verursacht haben, daß die Tore zugemacht worden sind, mit Namen Nickel Halm und Berthold Müller. Diese sind gewichen, und sonst noch fünf mit Namen Hans Seiler, Meister Valentin, Dietrich Kisling, Hans Rudiger, Barthel Ritzsch. So hat Herr Hans zween im Gefängnis mit Namen Hans Schutz und Martin Töpfer 30 fl. Werthern soll das übrige geben und sichs durch die Leute abdienen lassen.

Die vor dem Oberthor in Wiehe: 18 Höfe. Klagen große Armut, haben keine Äcker und Wiesen und nichts, als was sie mit Holzhauen und andrer ihrer Frohne und Arbeit verdienen. Etliche sind zu Frankenhausen gewesen und erschlagen, als Berthold Lorenz, der neue Nachbar, Hans Teumling, Hans Kemrich, Friedrich Stubner ist Prinzipal gewesen. Althans Caspar, Wolf Helgot, Kersten Zwirn, diese drei sind flüchtig. 15 fl. Das Fehlende soll Werthern geben und sichs abdienen lassen. - Die Gemeine im Dorf und vor dem obern Thor zu Wiehe bat bei Herzog Georg um Barmherzigkeit, da er ihre zu geringe Summe nicht habe annehmen wollen.

Donndorf (Thundorf): Wertherisch, 80 besessene Mann. Haben in einem Zeddel diejenigen verzeichnet übergeben, welche das Kloster (Donndorf) gestürmt haben, welche totgeblieben, welche gewichen und welche noch vorhanden sind. Sie geben 100 fl. auf Rechnung. Noch 100 fl. sollen die zahlen auf den ersten Termin, was Sonnabend nach Nikolai geschah. Die übrigen 200 fl. auf den ersten Termin sollen dem Kloster zugut kommen. - Heimbürgen und Gemeine zu Donndorf schreiben an den Herzog am 31. Oktober 1526: »Wir sind erfordert, auf Martini die Hälfte des hinterstelligen Strafgeldes zu entrichten. Aber wir sind arm, haben nur 4 Hufen Landes, 20 Witwen und mehrenteils Hintersiedler ohne Land. Bitten um Erlass des hinterstelligcn Betrages.«

Kleinroda: Wertherisch, 11 besessene Mann. Sind alle in Donndorf (bei der Plünderung des Klosters) gewesen, haben aber, was sie genommen, wieder gegeben.

Langenroda: Gehört dem Kloster zu Donndorf. 18 Mann. Geblieben sind zu Frankenhausen Andres Weinkopf, Michel Ell, der alte, Heinrich Soldner, Hans Schumann mit seinem Sohn Jorgen, Hans Kebbel und Kurt Urban. - Allen obberührten der von Werthern Leuten, diewohl sie sich großer Armut beklagen, ist gesagt worden, sie sollen sich befleißigen, die erste Tagzeit auf Jacobi zu bezahlen, wo es ihnen aber ja nicht möglich, solch Geld auf die Zeit gar nicht aufzubringen, sollen sie, wieviel ihnen möglich, entrichten und alsdann meinem Herrn ihre Armut anzuzeigen, ob sie etwas Nachlassung erlangen möchten.

Bernsdorf (Wüstung bei Rinsdorf ?): Wertherisch, ist nicht mit in Leipzig gewesen. Herzog Georg hat auf Wertherns Bitten gewilligt, ihnen die Strafe zu erlassen. 193 Gulden von »Langenrodichen« und Kleinroda übergab der Herzog der Äbtissin zu Donndorf zum Besten des Klosters.

Der von Witzleben zum Stein (Wendelstein) Untertanen (auszugsweise).

Rossleben (Rusteleben): 55 besessene Mann. Entschuldigen sich.

Bottendorf: 41 besessene Mann. Von ihnen sind 4 Mann im Kloster Donndorf gewesen, darnach gen Frankenhausen gelaufen und ausgeblieben mit Namen: Günther Chrumme, Barthel Tambach ist erschlagen, Glorius Breitenhain, Matthes Fischer, der Jacob Haken Untersaß. Die andern haben still gesessen und zum Stein wachen müssen. Des Abts zur Pforten (Schulpforta bei Naumburg) Leuten.

Am 26. Mai 1525 schrieb Petrus, Abt zur Pforten, an Dr. Joh. Kockel, Rat des Herzogs, dass der Herzog aus jedem seiner Dörfer zwei oder drei Männer mit Vollmacht der anderen auf Mittwoch nach Johanni Baptistä nach Leipzig zur Rechtfertigung zu schicken befohlen habe. »Auch sind hiermit 2 Bauern von Hechendorf (bei Wiehe) abgefertigt, die da keine eigenen Güter haben, denn das Vorwerk H. ist nur ein Hof mit etlichen Meilergütern. So ist sonst noch einer von Langenroda unseres Klosters Untertan, der auch ein armer Mensch ist, und berichten uns glaubwürdig, daß sie dieser Aufruhr nie anhängig gewesen.« Er bittet, ihnen die Strafe zu erlassen. Der Herzog quittierte am 28. September 1525 zu Zeitz, dass Abt Peter zur Pforten die Strafe für seine Untertanen mit 600 fl. abzutragen habe und sich dann das Geld von seinen Untertanen holen, möge.

Hechendorf (bei Wiehe): ein Klosterhof, dem Abt zur Pforten zuständig. 3 Männer sind da, haben keine eigenen Güter, sondern haben die um Zins inne. Auch ist ein Schäfer da, hat ein klein Häuslein. Entschuldigen sich wie die anderen.

Langenroda: Pfortisch etliche Leute. Friedrich Spindler, Peter Greff, Andres Frank, jung Michel El und eine Witwe steht dem Abt zur Pforte zu, die andern Leute dem Kloster Donndorf.

Soweit die Aufzeichnungen. Aus ihnen geht hervor, dass aus jedem Dorfe zwei oder drei bevollmächtigte Bauern nach Leipzig kommen, die erste Rate der Strafe bezahlen und sich für ihre Teilnahme am Aufstande entschuldigen bzw. Fürbitte beim Herzog tun mussten. Es ist verständlich, wenn sie dabei versuchten, die Teilnahme ihrer Orte auf ein Mindestmaß herabzusetzen. Teilweise baten selbst die Feudalherren für ihre Untertanen um Nachsicht oder versuchten, deren Beteiligung am Aufstande nach Möglichkeit zu bagatellisieren. Dabei wurden sie durchaus nicht vom Mitleid mit ihren Leuten getrieben, sondern sie handelten aus handfesten ökonomischen Gründen. Es ging ihnen um die Erhaltung der Arbeitskraft ihrer frondienstpflichtigen Bauern.

Das führte so weit, dass sie sogar wie die von Werthern auf Wiehe bereit waren, die Strafe für ihre Untertanen zu bezahlen und sie sich dann abdienen zu lassen. Teilweise gerieten sie dabei in große, vom Herzog gerügte Widersprüche, z. B. Dietrich von Witzlebcn und Volkmar Koller. Beide hatten sich auf den Wendelstein zurückgezogen gehabt und den vom Herzog geforderten Kriegsdienst mit der Entschuldigung verweigert, dass sie nicht kommen könnten, weil alle ihre Bauern im Aufstand stünden. Später leugneten sie deren Beteiligung am Aufstand ab. Die Arbeit ihrer Bauern war eben ihre Existenzgrundlage. Am 20. September 1525 befahl der Herzog aus Dresden, die zweite Rate der Geldstrafe bis Michaelis 1526 zu zahlen. Da wegen der äußeren Armut der Leute die Zahlungen nur sehr schleppend eingingen, war statt der Hälfte bisher nur ein Viertel der Gesamtsumme gezahlt worden. Nach dem Verzeichnis waren aus des Herzogs Landen insgesamt 68.560 Gulden zu zahlen, eine stattliche Summe in jener Zeit. 3

Nach den oben erwähnten Grundsätzen über die Bestrafung der Bauern, wie sie Herzog Georg für seine eigenen Lande geboten hatte, verfuhr man, wie es scheint, auch in der Grafschaft Schwarzburg, zu welcher das Amt Frankenhausen gehörte. Auf Veranlassung des Herzogs wurde noch am 15. Mai in Frankenhausen ein Einnahmebuch angelegt, in dem die verhängten Geldstrafen aufgezeichnet wurden. Nach den Eintragungen im Handels- und Urfehdebuch der Grafschaft mussten von den Dörfern des Amtes folgende Strafgelder und Schafe gegeben werden:

Altstadt zu Frankenhausen

100 Gulden

Ringleben

500 Gulden und  50 Schafe

Oldisleben

200 Gulden und 25  Schafe

Esperstedt

150 Gulden und  25  Schafe

Seehausen

70 Gulden und 25 Schafe

Göllingen

200 Gulden

Steinthalcben

120 Gulden und 25  Schafe

Rottleben

110 Gulden und 25 Schafe

Weil Herzog Georg die Stadt Frankenhausen erobert hatte, erklärte er sie kurzerhand zu seinem Eigentum und setzte Apel von Ebeleben als Stadthalter ein. Erst nach langen Verhandlungen wurde die Stadt 1530 an die ursprünglichen Besitzer, die Grafen von Schwarzburg, zurückgegeben. Die Einwohner mussten aber fortan an den Herzog als den Oberlehnsherrn des Amtes Frankenhausen von jedem Schankeimer Wein drei Groschen und von jedem Fass Bier fünf Groschen Akzise (Steuer) »auf ewige Zeiten« geben. Ebenso sollten »auf ewige Zeiten« am 15. Mai jeden Jahres zwei Ratsherren 10 Stück Salz auf das Schloss Sachsenburg liefern.

Darüber hinaus wurde die Stadt Frankenhausen, die der Herzog Georg als »ein öffentliches Raubhaus und Zuflucht aller Untugend meines Fürstentums« bezeichnet hatte, mit schweren Geldstrafen belegt und zum Ersatz der den adligen Herren entstandenen Schäden verpflichtet. Alle Welt stellte nun, berechtigt oder unberechtigt, Entschädigungsansprüche an die schwer geprüfte Stadt, obgleich viele ihrer Einwohner in der Schlacht geblieben waren und sie auch sonst schwer gelitten hatte. Die Grafen mussten zusagen, dass sie die »lutherische Sekte« nicht in die Stadt aufnehmen, sondern bei der christlichen (katholischen) Kirche bleiben wollten.

Die Grafen von Schwarzburg, Hohnstein und Stolberg und mit ihnen ein Teil ihres landsässigen Adels hatten sich der revolutionären Bauernbewegung angeschlossen, da sie in der Volksbewegung eine Möglichkeit zur Schwächung der Territorialfürsten und der Macht der Kirche sahen. Sie verrieten den Aufstand, als die Fürsten das Übergewicht erlangten. Nun konnten sie nur sehr schwer die Gnade ihres Oberlehnsherrn, des Herzogs Georg, zurückerlangen. Nachdem aber 1530 die Rückgabe der Stadt Frankenhausen an die Schwarzburger erfolgt war, mussten sie hier »den göttlichen Dienst nach der römischen Kirchenordnung wieder herstellen und die Kirchen, das Kloster refizieren und in den vorigen Stand bringen.«

Weiter befahl der Herzog den Grafen von Schwarzburg, die Einwohner von Frankenhausen anzuhalten, die von dem Bauernheere geschädigten Grafen und Herren zu entschädigen. Herzog Georg selbst verlangte die große Summe von 5.000 Gulden. Die Bezahlung zog sich jahrelang hin. Noch am 13. Februar 1530 schrieb der Rat der Stadt an den Herzog: »Wir armen Leute solle e.F.G. (eurer fürstlichen Gnaden) künftige Walpurg 500 fl. Strafgeld entrichten, aber es ist der Wein bei uns, deren aller unser Trost, auch zum Teil unsere Nahrung gestanden, gänzlich verdorben. Bitten, diesen Termin und also auch die Hauptsumme um ein Jahr hinauszurücken.«

Die einst durch den Salzhandel so wohlhabend gewordene Stadt Frankenhausen wurde durch die verhängten Strafen an den Rand des Ruins gebracht. An eine Erleichterung des Abgaben- und Frondendruckes war nicht zu denken, ebenso nicht an eine Behebung der sozialen Not- und Missstände, unter denen der gemeine Mann von jeher so gelitten hatte. Eher wurden sie nach dem Kriege noch schlimmer. Dazu kam, dass dem Aufstande des Jahres 1525 mehrere teure Jahre folgten. Während die Güter der gefallenen und flüchtigen Einwohner eingezogen wurden, sollten die überlebenden und in der Stadt verbliebenen hohe Entschädigungsgelder aufbringen.

Über die Höhe der Summen, die Frankenhausen an Graf Ernst von Mansfeld zu zahlen hatte, gehen die überkommenen Berichte auseinander. Im Jahre 1530 zahlte Frankenhausen an den Grafen 1.000 Gulden, während Heldrungen, Artern und Voigtstedt ihm die gleichen Summen zahlen sollten. In einem Mansfeldcr Vertrage von 1525 war festgelegt worden, dass den Frankenhäusern von der ursprünglich bestimmten Strafsumme ein Teil erlassen werden sollte, wenn sächsische Kommissare feststellen würden, dass auch andere Gemeinden an den entstandenen Schäden schuldig wären. Frankenhausen musste aber für alles die Gesamthaftung tragen.

Über die Beteiligung Arterns am Aufstande liegen eingehendere Nachrichten nicht vor. 4 Sie muss aber ebenfalls bedeutend gewesen sein, denn Graf Ernst von Mansfeld, dem hier das Wasserschloss gehörte und der auch Herr über Artern war, bezifferte den ihm entstandenen Schaden auf die große Summe von 8.000 Goldgulden. Während des Aufstandes am 5. Mai 1525 war von Frankenhausen her ein größerer Haufen von Bauern unter Führung des Obersten Hauptmanns Bonaventura Kürschner mit 40 Wagen nach Artern gezogen, um die dringend benötigten Waffen und Proviant zu beschaffen. Als die Bauern noch in Artern waren, schickte Graf Ernst von Mansfeld drei Leute, den jungen Matern von Gehofen, Georg Büchner und den Priester Stephan Hartenstein nach Artern. Sie sollten feststellen, was die Bauern dort machten. Die Bauern nahmen die drei Beauftragten fest. Sie wurden später in Frankenhausen im Ring des Haufens hingerichtet.

Noch 1630 heißt es in einem Schreiben der Grafen von Mansfeld, dass in »dem bauern Kriege der Rath und Gemeihne zue Artern mit schadelicher hochsträffbarlicher auffwiegelung und tumulte sich also gehalten, daß sie alle gerechtigkeiten velohren.« Die Stadt Frankenhausen sollte noch folgende Entschädigungen zahlen 5: 400 Gulden an Hans von Werthern, 200 Gulden an Hans von Wippach, 1 000 Gulden an Beringer von Bendeleben, 325 Gulden an Berit Schütze, an diesen dafür, dass sich in seinem Hause Anführer des Aufstandes, besonders Jost Winter, einquartiert hatten. Entschädigungsansprüche an die Stadt machten auch die Verwandtschaften der drei in Frankenhausen Hingerichteten geltend. Darüber hinaus sollte Entschädigung für den Verlust eines mit Silber beschlagenen Schwertes und 30 Gulden, die der hingerichtete Matern von Gehofen bei sich getragen hätte, gezahlt werden. Den Jobst von Gehofen, Vater des Matern, sollten »die Frankenhäuser um Gotteswillen bitten, diese Tat ihnen zu verzeihen.« Nach den umgekommenen und ermordeten Bauern fragte keiner. An die Untertanen des Grafen Ernst von Mansfeld sollte die Stadt 480 Gulden wegen des erschlagenen Priesters zahlen.

Auch einzelne Bürger der Stadt Frankenhausen sollten nach erfolgter Schätzung Entschädigungsansprüche befriedigen. So sollte Valtin Cosscrstedt 400 fl. (Gulden) an Ernst von Schönburg zahlen. Apel von Ebeleben forderte 100 fl. von Kaspar von Breitenbach, 100 fl. von den Erben des in der Schlacht verwundeten und dann später gestorbenen Hermann Fischer, 150 fl. von Kersten Fischer, 100 fl. von Bürgermeister Jakob Scharfe und 120 fl. aus dem Nachlass des in der Schlacht erschlagenen Claus Schaf von dessen Witwe, die im Spital St. Martini in Frankenhausen lebte. Der Rat von Feuerbach (Hessen) verlangte von Hans Breitenbach und Heinrich Trisch, einem armen Salzknecht, 150 fl. Jakob von Taubenheim, Rat und Diener des Landgrafen Philipp von Hessen, forderte von dem von ihm gefangengenommenen Frankenhäuser Bürger Simon Monnich ein Lösegeld von 600 fl. Die herzoglichen Räte verhandelten noch bis zum Jahre 1528, zum Teil vergeblich, über die Vielzahl der an die Stadt geltend gemachten Ansprüche. Für alles sollte nun die Stadt herhalten.

So klagten Ulrich und Heinrich, Gebrüder Knauthc, welche Güter zu Voigtstcdt und Kachstedt besaßen, gegen die Stadt Frankenhausen und die Gemeinde Ringleben, weil »in dem beurischen auffruhr ein Vorwerk, genannt Voxstedt, geplündert und ein teich zu Karstette ausgefischt worden, auch wegen eines Weinbergs.« Der Streit wurde erst 1553 durch Vergleich geschlichtet. Frankenhausen und Ringleben mussten 400 Gulden an Heinrich von Knauth zahlen. Soweit sich die Territorialfürsten den Bauernhaufen angeschlossen hatten, wurden sie von Herzog Georg aufgefordert, ihr Verhalten vor ihm zu rechtfertigen und dazu im August 1525 in Leipzig zu erscheinen. Früher oder später wurden sie dann wieder in Gnaden aufgenommen. Nach der Niederlage der Bauern wurde ihre Unterdrückung noch härter, ihre soziale Lage noch unerträglicher. Sie sahen nun jede Hoffnung auf Besserung ihrer Verhältnisse geschwunden, eine Art Kirchhofsruhe machte sich breit. Wilhelm Zimmermann 6 schreibt in seinem klassischen Werk »Der große Deutsche Bauernkrieg«: »In der Nacht des neuen Elends, die die Unterdrückten mit Hoffnung und heimlichen Reden von einem künftigen siegreichen Aufstand nur zu gern sich erhellten, gedieh die religiöse Schwärmerei.« Zu diesen religiösen Schwärmern, die zum Teil in utopischen kommunistischen Verhältnissen lebten, gehörten die Wiedertäufer, die gerade im Amte Frankenhausen im geheimen viel Anhang hatten, von der Regierung aber auf das grausamste verfolgt und hingerichtet wurden.

In der Konzeption zur Vorbereitung des 450. Jahrestages des deutschen Bauernkrieges heißt es sinngemäß, dass der erste große Versuch der revolutionären Kräfte des deutschen Volkes Anfang des 16. Jahrhunderts, die Gesellschaft revolutionär umzugestalten, von den reaktionären Kräften zunichte gemacht wurde, die ihre Herrschaft für lange Zeit stabilisierten. Erst mit dem Aufbau des Sozialismus in der DDR wurden die Lehren aus der Geschichte gezogen und auch das Vermächtnis der Revolutionäre von 1525 erfüllt.

Literaturverzeichnis

  1. W. LAUTZE: Hessische Chronik, 1 Bd., S. 98 ff, Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, Kassel 1841.
  2. A. TRINIUS: Durchs Unstruttal. Eine Wanderung von Naumburg a. d. Saale bis zum Kyffhäuscr, Minden 1892.
  3. J. K. SEIDEMANN: Das Ende des Bauernkrieges in Thüringen. Neue Mitteilungen aus dem Gebiete historisch-antiquarischer Forschungen, Bd. 14, S. 392 ff., Halle 1869.
  4. E. JACOBS und G. POPPE: Die Beteiligung von Artern und Umgebung am Münzerischen Bauernaufruhr, Zeitschrift des Harzvercins, 1. Jahrgang 1868, Seite 55 ff.
  5. G. EINICKE: Zwanzig Jahre Schwarzburgische Rcformationsgcschichte 1521-1541, Nordhausen 1904.
  6. W. ZIMMERMANN: Der große deutsche Bauernkrieg, Berlin 1952.
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