Beitrag aus dem Frankenhäuser Wochenblatt 2007
Wir Wilhelm, (einer) der vier Grafen des Reies, Graf zu Swarzburg, Herr zu Arnſtadt, Sondershauſen und Leutenberg, nd von unſeren Unterthanen in der Altenſtadt zu Frankenhauſen unterthänig erſut ..., ihnen, wie hier in der Stadt Frankenhauſen und den Amtsdörfern bereits geehen, einige gewie Artikel zu beſtätigen, dana e riten könnten, alſo haben Wir ihrer unterthänigen Bie entſproen und nafolgende Artikel erſteen und ihnen überantworten laen und woen, da dieſelben, bei einer Strafe, die jedem Artikel beigefügt wurde, eingehalten werden.
Mit diesen Worten wird die 1583 formulierte Stadtordnung der Altstadt eingeleitet. Der genaue Titel der 5 Blätter umfassenden Stadtordnung heißt:
»Ordnung und Statuta der Alten - Stadt Frankenhauſen«
Es handelt sich um das älteste, schriftlich fixierte Recht der Altstadt von Bad Frankenhausen im Bestand des Stadtarchivs. Die vor 420 Jahren bestätigte Ordnung besiegelte allerdings nur einen Zustand, der viele Jahrhunderte zuvor seinen Anfang nahm.
Das allen bekannte älteste Gebäude der Altstadt, die Kirche St. Petri, deutet bereits darauf hin, dass um 1000 eine Siedlung in der Nähe der Kirche bestand. Ihre Entwicklung stand in den nachfolgenden Jahrhunderten immer im Schatten des benachbarten Frankenhausen, dass 1219 als eine städtische Siedlung bezeichnet wurde.
Als Frankenhausen im Verlaufe des 13. und 14. Jahrhunderts seine Stadtmauer erhielt, blieb die Altstadt außen vor. Nach den für Frankenhausen und sein Wirtschaftsleben verheerenden Ereignissen des Bauernkrieges bemühten sich die Stadtväter um die Einverleibung der Altstadt, um so die entstandenen Bevölkerungsverluste auszugleichen. Doch deren Gemeindevorsteher widersetzten sich diesem Anliegen.
Ihnen zu Hilfe kam dabei der neue Landesherr Graf Wilhelm von Schwarzburg. Nach einer Landesteilung innerhalb des Hauses Schwarzburg erhielt er aus der Masse des Familienbesitzes die Städte Frankenhausen, Kelbra, Heringen und Schlotheim und die umliegenden Ortschaften. Im Jahre 1571 trat er die Regierung an und wählte Frankenhausen zu seiner Residenz.
Die wirtschaftlichen Herren der Stadt, die Eigentümer der Salzsiedestätten, dachten jedoch keineswegs daran, sich den Wünschen des neuen Landesherrn bedingungslos unterzuordnen und widersetzten sich teilweise dessen gesetzlichen Anordnungen. Der Graf jedoch griff schnell und hart durch.Wohl zu keiner Zeit saßen mehr Ratsherren und Einwohner in den gräflichen Zuchthäusern, als unter Graf Wilhelm. Zu seinen Maßnahmen gehörte auch die Förderung der ihm getreuen Untertanen, zu denen sich die Altstädter zählten. Sie nutzten die Gunst der Stunde und beantragten auf der Grundlage der Stadtordnung von Frankenhausen eine eigene Ordnung. Graf Wilhelm gewährte ihnen diese 1583 bereitwillig. Indem er der Altstadt ihre städtischen Rechte verbrießte, schob er der weiteren Ausdehnung der Stadt Frankenhausen nach Süden einen Riegel vor. Lieber eine kleinere Residenzstadt als eine aufmüpfige.
Die Handlung des Grafen sicherte der Altstadt für die folgenden Jahrhunderte ihre Eigenständigkeit. Allerdings gab es einige kleinere Einschränkungen. Im Bewusstsein, dass die Altstadt zur Unterhaltung eines handlungsfähigen Stadtrates zu klein war, wurden der Stadt Frankenhausen einige Handlungspflichten übertragen. Erst zum 1. Januar 1890 erfolgte ihre Eingemeindung in die Stadt Frankenhausen, diesmal mit Zustimmung der Landesherrschaft.
Der Inhalt der Stadtordnung war den wirtschaftlichen Verhältnissen der Altstadt angepasst. Die Einwohner lebten vorwiegend von der Landwirtschaft einschließlich des Obstbaus.
Zahlreiche Artikel beziehen sich auf den Umgang mit der Baumbepflanzung in den Gärten, ein Umstand, der manchem heutigen Gartenbesitzer bekannt vorkommen dürfte. So durften die Bäume nicht ohne Erlaubnis einfach geschlagen werden. Junge Bäume durften keinesfalls ausgegraben werden. Selbst ein möglicher Nachbarschaftsstreit wurde berücksichtigt. Sollten zwei Nachbarn in Streit geraten und sich nicht mehr vertragen, wurde ihnen zur Vermeidung tätlicher Übergriffe das Ziehen eines Zaunes erlaubt. Höhe und Verlauf des Zaunes bestimmten die Gemeindeväter nach einer eingehenden Besichtigung der Grundstücke. Ein »Bauantrag« kostete damals die stolze Summe von 3 sächsischen Thalern, eine Summe, die viele Altstädter nicht in einem Monat verdienten.
Gleichzeitig sind die betreffenden Artikel ein Hinweis darauf, dass die Grundstücke noch keineswegs alle eingezäunt waren. Auch die Klinge war noch ein offenes Grabensystem, deren Gewässer sauber zu halten waren. Das einzige Gewerbe, dass in der Ordnung namentlich genannt wurde, war das Bäckerhandwerk. Der Unterhaltung des Backhauses widmete die Ordnung einen eigenständigen Artikel. Insgesamt gesehen vermittelt die Stadtordnung ein interessantes Bild über die Verhältnisse in der Altstadt am Ausgang des 16. Jahrhunderts.
Dr. Ulrich Hahnemann
Quellenangabe
Stadtarchiv: Bestand Altstadt Nr. 0/1-1, Ordnung und Statuten der Altstadt Frankenhausen 1583. (Das oben angeführte Zitat wurde zum Teil der heutigen Schreibweise angepasst).