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Die Klinge

Beitrag aus dem Frankenhäuser Wochenblatt 2006

Die älteste Straße und erste Wasserleitung der Stadt

Die Klinge könnte wohl die älteste Straße unserer Stadt sein. Der Name kommt aus dem Keltischen und bedeutet Wasserführung. Das Indogermanische Volk besiedelte Europa um den Beginn unserer Zeitrechnung. Im Zusammenhang mit dem vermuteten Ursprung der Altstadt als »Bärenklau«, womit eine Erstbesiedelung anzunehmen ist, könnte das Wasser des Upborn durchaus in Richtung Talmitte durch die Altstadt abgeflossen sein und dafür dieser Abfluss die Bezeichnung Klinge erhalten haben.

Übrigens den Namen findet man auch noch a. o. z. B. in Steinthaleben. Vom Upborn aus ging bis ins 20. Jahrhundert eine Holzrohrleitung durch die Klinge über den Altstädter Markt bis zum Schlossgarten, wo noch heute das Hydrantenhäuschen am Anfang der Schlossstraße (früher Wassertor der Stadtmauer) steht. Von hier aus wurde sogar eine Zeit das Wasser zur Versorgung der Tiere in der Domäne abgeleitet und verwendet.

Ein zweiter Hydrant befand sich noch in der Lindengruppe vor dem Altstädter Markt. Es war die erste Wasserleitung in unserer Stadt. Da die drei Quellen des Upborn dauernd viel Wasser förderten, musste über einen Überlauf das Wasser abgeleitet werden. Dazu dient heute noch der sogenannte Mönchsgraben, der das Wasser zur Dünne abführt, Wahrscheinlich, wie der Name sagt, von Mönchen angelegt. Die Technik der Wasserversorgung aus dem Upborn wurde bereits in einem früheren Beitrag im Amtsblatt beschrieben.

Da Wasser ein Lebenselexier der Menschen ist, hat sich stets angeboten in dessen Nähe zu siedeln. So könnten die Häuser der Klinge entstanden sein. In vielen der Gebäude ist noch die Grundsubstanz der Lehmbauweise vorhanden. Die Lehmgruben in der Altstadt unterhalb des Maasenberges und in der Blutrinne weisen noch darauf hin. Maasenberg, sein Name hängt mit der Siedlungsgeschichte und Selbstversorgung zusammen, denn jedes Haus der Altstadt hatte einen Hausgarten, ein Stück Land am Maasenberg (Hasenwinkel), den sogenannter Hausplan mit ungefähr 200 m² und ein Stück Wald, die sogenannte »Maase«. Den Namen kann ich jetzt nicht erklären, vermute aber, dass es sich um die Benennung des Gemeinschaftsbesitzes Wald handelt.

Ein solches »Altstädter-Haus« besaß einen Hausflur, einen Wohnraum, einen Schlafraum, eine Küche und einen Vorratsraum. Der Schlaf- und Vorratsraum wurde allgemein auch Kammer genannt. In der Küche waren eine Grude, ein Wasserkessel und Herd in einer Reihe in Ziegel und mit Schamotte ausgelegt fest eingebaut. Dazu kam noch ein Gewölbekeller und Bodenraum mit einem Oberboden. Auf dem Boden war meistens noch ein Reserve-Schlafraum (Kinder usw.) eingerichtet. Auch wurde da Brennholz für den Winter gelagert.

Auf dem Oberboden war das Heu für das Vieh untergebracht. Eine kleine Räucherkammer ebenfalls im Bodenraum war für die Hausschlachtung vorgesehen. Stroh und Legenester für die Hühner befanden sich auf dem Stallboden. Außerdem waren im Hofraum Stallungen für das Hausvieh, vordringlich wurde ein Schwein gefüttert. Mistloch und Fallklo in einem kleinen Häuschen befanden sich am Ende des Hofes. Das Haus in der Klinge 63 kann dieses Ensemble noch heute nachweisen. Mit Haus, Garten, Land und Wald war das Leben der Menschen damals gut abgesichert. Der Wald entfiel Ende des 19. Jahrhunderts und wurde staatlich.

Da Namensgebungen bzw. Benennungen meistens aus der jeweiligen Zeit heraus entstehen, kann man schon annehmen, dass keltische Benennungen wie Klinge auch aus dieser Zeit stammen.

Wirtschaftlich gesehen war die Klinge eine eigenständige Wohn- und Lebensgemeinschaft. Aus der Erinnerung heraus gab es 5 oder 6 Kuhbauern und 4 oder 5 Pferdebauern, wie wir zu sagen pflegten gemäß dem Besitz der Tiere. Die meisten, die Landwirtschaft betrieben, hatten noch einen Handwerksberuf wie Zimmermann und Maurer. Dazu gab es zwei Gasthäuser, Söhle und Förstenberg, der gleichzeitig noch Fleischer war.

Bäcker Heinemann und der Kramladen der Geschwister Wappler brachten zusätzlich alles, was die Menschen in der Klinge zum Leben brauchten. Für die Hausschlachtung war Vetter Schneider und fürs Räuchern Fritz Wallrodt zuständig.

Da sich der Name »Klinge« bis heute erhalten hat, kann man ihn und die Straße wohl auch als die »Älteste« bezeichnen, um auch hier nochmal die Superlative zu bemühen.

 

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