Aufbegehren gegen die Verknappung von Lebensmieln
Lebensmittel- und Kohlenmangel ließen die Bevölkerung weit mehr aufbegehren, als die revolutionäre Situation im November 1918. Das Angehen gegen die Mißstände wurde von zahlreichen Demonstrationen begleitet und machte auch vor den sozialdemokratischen Gemeindevorständen (Amtsbezeichnung für die Bürgermeister) nicht Halt. Diese wurden unmissverständlich aufgefordert, sich für die Angelegenheiten der Bevölkerung einzusetzen.
»An die Landwirte! Die Teuerung iſt aufs Höſte geſtiegen. Die Verſorgung der Bevölkerung ſtot. Die Stimmung der Maen iſt außerordentli erregt. Ein Funke hineingeleudert, kann die Flamme emporlodern laen. An ae jene Kreiſe, die verantwortli nd für die Verſorgung der Bevölkerung, namentli die Landwirte, riten wir den dringenden Appe, aes zu tun, um die Ernährung er zu ſteen.
Eine Demonſtrationsverſammlung hat am heutigen Morgen eine Kommion beſtimmt, die bei den einzelnen Landwirten vorſteig werden ſo, e zu veranlaen, das nötige Vieh zur Fleiverſorgung zu ſteen. Wenn ae diejenigen Kreiſe, deren Aufgabe es iſt, für die Ernährung zu ſorgen, des Ernſtes der Stunde bewußt nd, werden e nits unterlaen dürfen, die notwendigen Nahrungsmiel zur Verfügung zu ſteen. Auf ihnen ruht heute eine were Verantwortung, mögen e ihrer bewußt ſein.
An die Bevölkerung aber riten wir das dringende Erſuen, die Ruhe zu bewahren und es nit zu Unbeſonnenheiten kommen zu laen. Frankenhauſen, den 9. Auguſt 1923.
Der Gemeindevorſteher. Friedri Sünzel, Gemeindevorſtand, Guſtav Ibing, ſtev. Gemeindevorſtand.«
(»Frankenhäuser Zeitung«, Nr. 184, vom 09.08. 1923)
Von 1923 bis 1931 Zweiter Bürgermeister bzw. Gemeindevorsteher von Frankenhausen.
Foto: Familienarchiv Nachfahren G. Ibing.
Karl Hahnemann (1872 – 1940), 1923 Vorsitzender der „Lebensmittelkommission“ und Gemeindevorstand Friedrich Schünzel.
Foto: Peter Kawe, Bad Frankenhausen
»Die Demonſtration gegen die Fleiknappheit und die agemeine Teuerung überhaupt …. nahm im Anluß an die Verhandlungen mit dem Stadtoberhaupte und den Vertretern der Lebensmielbrane am geſtrigen Vormiag ihren Fortgang. Die vor dem Rathauſe zuſammenſtrömenden Volksmaen bewegten unter Vorantri der Kommion, die aus den Herren: Karl Hahnemann, Karl Bu, Oo Sröder, Friedri Andrä, Hermann Steinig, Hugo Rumpf und den Fleiermeiſtern Oo Aderhold …. beſtand, dur die Straßen zu den Viehhändlern und Landwirten zwes Verhandlung wegen der Slatviehabgabe und endete in der zweiten Namiagsſtunde vor dem Hauſe der Molkerei Heer. …. Mit der Annahme einer vom Lehrer Sröder verleſenen Reſolution, die folgenden Wortlaut hat:
„Die am 9. Auguſt auf dem Marktplae von Frankenhauſen verſammelten Volksmaen fordern Sierſteung der ſtädtien Ernährung dur reſtloſe Wiedereinführung der Zwangswirta für ae witigen Lebensmiel und Anpaung der Löhne, Gehälter, Renten und Einkommen an die tatſälien Lebensunterhaltungskoſten. Weiter fordern die Verſammelten Sluß der Steuerungeretigkeit, Erfaung eines Teils der Sawerte dur das Rei und Sturz der volksfeindlien Regierung Kuno.“
erreite die Demonſtration, nadem Kommionsmitglied Hahnemann no auf die Abhaltung der Verfaungsfeier am Sonnabend hinwies und zu reger Teilnahme aufforderte, ihr Ende.«
(»Frankenhäuser Zeitung«Nr. 185, vom 10.08. 1923)